07.07.2024 14:59:11 - dpa-AFX: VERMISCHTES: Grimme-Institut finanziell wieder in der Spur

MARL (dpa-AFX) - Mit einem rigiden Sparkurs und erfolgreicher Werbung um
neue Sponsoren hat sich das für seine Fernsehpreise bekannte Grimme-Institut im
nordrhein-westfälischen Marl vorerst aus einer bedrohlichen Finanznot befreit.
Die Etats für das laufende Jahr und für 2025 seien gesichert, sagte der
kommissarische Grimme-Chef Peter Wenzel der Deutschen Presse-Agentur. "Für 2025
steht eine schwarze Null."

Es sei besonders erfreulich, dass das Institut jetzt doch den diesjährigen
Grimme Online Award für Medienangebote im Internet vergeben könne, sagte Wenzel.
"Ein kritischer Blick auf Fake News im Netz - mit oder ohne KI - ist gerade
jetzt besonders wichtig." Wenige Tage nach Beginn der Einreichungsfrist hätten
bereits mehr als 200 Teilnehmer am Wettbewerb Beiträge geschickt. Ursprünglich
hatte der Preis wegen Geldmangels auf Eis gelegen.

Online Award mit einem Drittel der Kosten

Der Online Award soll am 16. Oktober im Grimme-Institut in Marl vergeben
werden. Dass die Preisgala nicht mehr in Köln, sondern im Marler Stammhaus
stattfinde, sei auch Kostengründen geschuldet, sagte Wenzel. Insgesamt solle der
Online Award mit einem Drittel der früheren Kosten über die Bühne gehen - bei
gleicher inhaltlicher Qualität.

Nach Plan liefen auch die Vorbereitungen für die Grimme-Fernseh-Preise,
sagte die Leiterin des Preisverfahrens, Lucia Eskes. Die Einreichungsfrist ende
hier im Oktober. Eskes muss allerdings auf 1,5 befristete Stellen in ihrem Team
verzichten, die aus Kostengründen nicht verlängert wurden.

Wenzel spürt "Aufbruchsstimmung" bei Grimme

Das Institut war durch den starken Anstieg bei Tarifen, Energie- und
Veranstaltungskosten in die roten Zahlen gerutscht. Für 2024 drohte ein Loch von
rund 440 000 Euro. Zum Ausgleich verzichteten unter anderem die gut 20
Mitarbeiter auf die tariflich vereinbarte Gehaltserhöhung und übernahmen
Zusatzaufgaben. "Ich habe hier eine Aufbruchstimmung gespürt", sagte Wenzel. Das
hätten auch die Gesellschafter registriert.

Anteilseigner des Instituts sind das Land NRW und der Deutsche
Volkshochschulverband (DVV) sowie der WDR und das ZDF, die Landesanstalt für
Medien NRW sowie die Film- und Medienstiftung NRW und die Stadt Marl. Das Land
trägt mit 80 Prozent den Großteil des Jahresetats von gut drei Millionen Euro.

Die langjährige Grimme-Chefin Frauke Gerlach hatte ihren Vertrag zum 1. Mai
auslaufen lassen. Kommissarisch hatte der Sozialdezernent der Stadt Datteln,
Peter Wenzel, das Amt neben seinen sonstigen Aufgaben und ohne zusätzliche
Bezahlung übernommen. Auch das habe natürlich Einsparungen gebracht, sagte
Wenzel.

Klinken putzen ohne Schamgefühl

Außerdem nutzt der gut vernetzte Wenzel seine Kontakte, um Geld einzuwerben: "Man muss Klinken putzen ohne Schamgefühl." Bisher habe es neben der
institutionellen Förderung kaum nennenswerte Sponsorenunterstützung gegeben. Das
ändere sich aktuell: Angebote gebe es aus dem Banken- und Energiebereich.

Die Suche nach einem neuen festen Chef oder einer Chefin für das Institut
laufe auf Hochtouren, sagte Wenzel. Dabei habe es im ersten Anlauf sehr viele
Interessenten gegeben. Die Gesellschafter strebten eine möglichst schnelle
Entscheidung an.

Für Diskussionen hatte die offizielle Stellenausschreibung gesorgt, in der
vor allem die wirtschaftliche Kompetenz für die Führungsaufgabe betont worden
war. Das Haus brauche finanzielle Stabilität aber daneben natürlich auch Themen-
und Medienkompetenz - gerade angesichts des großen neuen Themas künstliche
Intelligenz, sagte Eskes. So stelle sich beispielsweise zunehmend die Frage, ob
und in welchem Umfang Drehbücher für Filme mit KI-Unterstützung entstanden
seien./rs/DP/he

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