01.07.2024 11:30:04 - dpa-AFX: HINTERGRUND: Haskapbeere trotzt Frost - und wird als Superfood gehandelt

KIRCHHEIM AM NECKAR (dpa-AFX) - In Deutschland ist die Haskapbeere kaum
bekannt, doch im Netz wird sie schon als Superfood gehandelt. Derzeit werde der
Anbau der lila-bläuliche Beere vereinzelt auf Höfen getestet, teilte das
Bundeslandwirtschaftsministerium mit. Es verweist auf eine Besonderheit: Die
Eigenschaften der Beeren machten sie weniger anfällig für Klimaextreme. Die
Haskapbeere sei robust und anpassungsfähig, erläuterte eine
Ministeriumssprecherin auf Anfrage. Inwiefern sie für den Anbau infrage kommt,
müsse in der jeweiligen Region und unter den jeweiligen Anbaubedingungen geprüft
werden.

Obstbauer Ulrich Munz aus der baden-württembergischen Gemeinde Kirchheim am
Neckar (Kreis Ludwigsburg) baut die auch Honigbeere oder Maibeere genannte
Frucht nach eigenen Angaben bereits seit sechs Jahren an. "Wir haben gehört,
dass die Beere sehr frostrobust sein soll und da wir auch viel mit Spätfrost zu
kämpfen haben, wollten wir das einmal ausprobieren", sagte Munz. Seitdem teste
er verschiedene Sorten. Sein Fazit: "Sie wachsen in unseren Böden recht gut."

Abgehärtet in Sibirien

Wie Peter Stremer von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
erklärte, hängt die Robustheit der Beere mit ihrem sibirischen Ursprung
zusammen. "Damit ist nachzuvollziehen, warum der Strauch sehr winterhart ist und
die Blüte verträgt auch ohne Problem leichte Minusgrade im Frühjahr." Bei
heimischen Obstarten wie Äpfeln oder Erdbeeren würden diese zu Totalschäden
führen.

"Die Klimakrise hat teils dramatische Auswirkungen auf die Landwirtschaft -
auch in Deutschland", sagte die Ministeriumssprecherin in Berlin. "Die
Ertragseinbußen bedrohen mancherorts bereits die Existenz von Landwirtinnen und
Landwirten." Zwar sei der wichtigste Schritt die Bekämpfung der Ursachen des
Klimawandels. Neue Kulturen könnten der Landwirtschaft jedoch auch helfen,
widerstandsfähiger zu werden.

Nicht lange haltbar

Kammervertrerter Stremer hebt bei der Haskapbeere auch hervor, dass sie nur
wenig anfällig für Krankheiten und Schädlinge sei. "Es muss also kaum
Pflanzenschutz betrieben werden." Die Beere eignet sich demnach gut für einen
Bio-Anbau. Auch reife sie sehr früh und könne damit als erstes Frischobst im
Jahr angeboten werden. Im frischen Zustand sei die Haskapbeere jedoch nicht
lange haltbar, sie diene vielmehr der Verarbeitung, beispielsweise in
Marmeladen. Stremer zufolge werden in absehbarer Zukunft keine größeren
Plantagen in Deutschland entstehen, weil die Beere zu unbekannt und kein
Absatzmarkt vorhanden ist.

In anderen Ländern sieht das anders aus, wie aus Angaben des
Bundesagrarministeriums hervorgeht: "Polen und Großbritannien bauen innerhalb
Europas in größerem Stil an", sagte die Ministeriumssprecherin. "In Japan,
speziell auf der Insel Hokkaido, werden die Beeren seit über 90 Jahren
gegessen." Auch in Kanada sei die Haskapbeere seit einigen Jahren auf dem Markt.

Beere als Superfood?

Und was ist dran an den Behauptungen im Netz, die Haskapbeere könnte eine
gesundheitsfördernde Wirkung haben? Die Verbraucherzentrale stuft die
Haskapbeere als ähnlich gesund ein wie heimische Heidelbeeren, Himbeeren oder
Brombeeren. Sie seien "keine Wunderbeeren", heißt es auf der Internetseite der
Verbraucherzentrale. Dem Obst werde ein hoher Vitamingehalt zugeschrieben, sie
sollen zudem Mineralstoffe wie Eisen enthalten und durch Pflanzenstoffe wie
Anthocyane auch antioxidativ wirken - gut für die Körperzellen. Werbeaussagen,
nach denen die Beere vor Herzkreislauferkrankungen und Krebs schützen soll, sehe
die Verbraucherzentrale durch Studien nicht bestätigt./agy/DP/zb

--- Von Alina Grünky, dpa ---

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