08.07.2024 12:06:01 - dpa-AFX: Frankreich: Linksbündnis will sich nach Wahl auf Premier verständigen

PARIS (dpa-AFX) - Das neue Linksbündnis in Frankreich will sich nach seinem
Sieg bei der vorgezogenen Parlamentswahl auf einen Kandidaten für das Amt des
Premierministers verständigen. Das aus Grünen, Sozialisten, Kommunisten und der
Linkspartei bestehende Bündnis war ohne Spitzenkandidaten in die von Präsident
Emmanuel Macron kurzfristig angesetzte Wahl gegangen, die es in der zweiten
Wahlrunde am Sonntag für sich entschied. Einen Favoriten für das Amt des
Regierungschefs, der von Macron ernannt werden muss, hat das Bündnis noch nicht.

"Wir müssen innerhalb einer Woche in der Lage sein, eine Kandidatur" für das Amt des Premierministers zu präsentieren, sagte Sozialistenchef Olivier Faure
dem Sender Franceinfo. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass das
Linksbündnis nicht in der Lage sei, zu regieren. Über einen Kandidaten für das
Amt des Premiers müsse in dieser Woche entschieden werden, entweder im Konsens
oder über eine Abstimmung in den zum Linksbündnis gehörenden Parteien.

Linkspartei sieht Mélenchon noch im Rennen

Die bisherige Fraktionschefin von Frankreichs Linkspartei, Mathilde Panot,
sagte dem Sender RTL, dass das Linksbündnis in dieser Woche einen
Premierminister und eine Regierung präsentieren werde. Der wegen seines
polemischen Auftretens umstrittene Gründer der Linkspartei, Jean-Luc Mélenchon,
ist aus Panots Sicht dabei weiterhin im Rennen. Mélenchon habe der Linken erst
wieder das Siegen beigebracht und habe die Formierung eines Linksbündnisses vor
der Parlamentswahl 2022 und auch jetzt erst möglich gemacht.

Grünen-Generalsekretärin Marine Tondelier plädierte im Interview des Sender
France Inter für einen Konsens, was die Frage des Premiers angeht, statt eines
Kräftemessens zwischen den verschiedenen Parteien. Wichtiger noch als die Frage,
wer die Regierung leiten solle, sei die Frage, welche Politik ein künftiger
Premierminister umsetzen wolle.

Macron kann auch Premier auswählen

Präsident Macron steht zwar politisch in der Pflicht, einen Premierminister
aus dem größten Lager zu ernennen, das sich zum Regieren bereit sieht. Dem
Vorschlag dieses Lagers muss er aber nicht in jedem Fall folgen und kann auch
einen anderen Vertreter aus dem Lager auswählen.

Das Linksbündnis landete in der entscheidenden Wahlrunde am Sonntag
überraschend auf Platz eins, vor Macrons Mitte-Lager auf Platz zwei sowie dem
nach der ersten Wahlrunde zunächst als Favorit gesehene Rassemblement National
von Marine Le Pen auf Rang drei.

Da weder das Linksbündnis noch das Präsidentenlager nach dem Wahlausgang
über eine absolute Mehrheit verfügt, werden viele Bemühungen der nun anstehenden
Regierungsbildung darauf gerichtet sein, mögliche Allianzen abzuklopfen und
einzelne Parlamentarier anderer Gruppen für das eigene Lager zu gewinnen. Keines
der Lager hat im Moment aber Aussicht, sich auf diesem Wege eine absolute
Mehrheit zu schaffen./evs/DP/mis

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