28.06.2024 20:46:38 - dpa-AFX: ROUNDUP: Biden bemüht sich nach verpatztem Aufritt um Schadensbegrenzung

RALEIGH/WASHINGTON (dpa-AFX) - US-Präsident Joe Biden ist nach seinem
schwachen Auftritt beim ersten TV-Duell gegen seinen Herausforderer Donald Trump
in die Offensive gegangen und hat sich kämpferisch gezeigt. "Ich würde nicht
wieder antreten, wenn ich nicht mit meinem ganzen Herzen und meiner Seele
glauben würde, dass ich diesen Job machen kann", sagte der 81 Jahre alte
Demokrat am Freitag bei einem Wahlkampfauftritt in Raleigh im US-Bundesstaat
North Carolina. "Ich bin aus einem Grund hier in North Carolina, weil ich
vorhabe, diesen Staat im November zu gewinnen", rief er einer jubelnden Menge
zu. "Wenn wir hier gewinnen, gewinnen wir die Wahl."

Biden bewirbt sich bei der Präsidentenwahl Anfang November um eine zweite
Amtszeit. Auch sein Vorgänger, der 78 Jahre alte Trump, will für die
Republikaner noch einmal ins Weiße Haus. Bidens Leistung bei dem 90-minütigen
TV-Duell am Donnerstagabend (Ortszeit) in Atlanta befeuerte in der
Demokratischen Partei Zweifel an der Eignung des 81-Jährigen für das Amt.
Während des Schlagabtauschs verhaspelte sich der mächtigste Mann der Welt
regelmäßig, er sprach undeutlich, leise und mit rauer Stimme. Zwar stellte sich
am Freitag noch kein prominenter Parteikollege aus der ersten Reihe öffentlich
gegen Biden. Doch in der Partei zeigten sich viele skeptisch, ob Biden wirklich
der richtige Kandidat ist, um gegen Trump zu gewinnen.

Biden versuchte bei dem ersten großen öffentlichen Auftritt nach dem
Debatten-Desaster die Kritiker zu beruhigen und bemühte sich um
Schadensbegrenzung. "Ich weiß, ich bin kein junger Mann, um das Offensichtliche
zu sagen", sagte er. "Ich laufe nicht mehr so einfach wie früher, ich spreche
nicht mehr so glatt wie früher. Ich debattiere nicht mehr so gut wie früher", so
der Demokrat. Aber dafür wisse er, anders als Trump, wie man die Wahrheit sage.
"Ich verbrachte 90 Minuten auf der Bühne und debattierte mit einem Typen, der
die Moral eines Straßenköters hat", sagte Biden über das vom US-Sender CNN
ausgerichtete TV-Spektakel.

First Lady Jill verteidigt Biden

Auch Bidens Ehefrau, First Lady Jill Biden, versuchte sich in Raleigh für
ihren Ehemann starkzumachen. "Es gibt niemanden, den ich gerade lieber im Oval
Office sitzen hätte als meinen Mann", sagte sie auf der Bühne vor
Parteianhängern. Sie trug dabei ein auffälliges Kleid. Darauf stand mehrfach das
Wort "Vote" (auf Deutsch sinngemäß: Geh wählen) in großen weißen Lettern. Auf
der TV-Bühne habe ein Präsident mit Integrität und Charakter gestanden, betonte
sie. "Seine Kraft ist unerschütterlich, seine Hoffnung ist unerschütterlich."

Biden wirkte bei dem Wahlkampfauftritt deutlich fitter als während der
TV-Debatte am Vorabend. Anders als im Fernsehstudio während des Schlagabtauschs
las der 81-Jährige aber vor seinen Anhängern vom Teleprompter ab. Seine Stimme
klang außerdem weniger rau und er war auch nicht so leise. Biden hatte nach der
Debatte gesagt, dass er Halsschmerzen habe. Sein Alter ist Dauerthema im
Wahlkampf. Zwar ist sein politischer Gegner Trump nur rund drei Jahre jünger.
Bidens Versprecher und sein starrer Gang sorgen allerdings regelmäßig für
Schlagzeilen und werfen die Frage auf, ob er nach einem möglichen Wahlsieg
wirklich noch vier weitere Jahre im Weißen Haus regieren könnte.

Bidens Leistung überschattet Trumps Aussagen

Bidens Versagen bei der Debatte brachte viele Demokraten in Erklärungsnot
und rückte mögliche Alternativen zu dem 81-Jährigen in den Fokus. Der Gouverneur
des US-Bundesstaats Kalifornien, Gavin Newsom, dem selbst
Präsidentschaftsambitionen nachgesagt werden, stellte sich öffentlich hinter
Biden. "Ich werde Präsident Biden nie den Rücken kehren", sagte er. Die
unpopuläre Vize-Präsidentin Kamala Harris wurde in einem TV-Interview wegen
Bidens Performance gegrillt - und gestand schließlich ein, dass ihr Chef einen
"holprigen Start" gehabt habe.

Trumps Team hingegen feierte den Republikaner für seinen Auftritt. Der
78-Jährige relativierte erneut seine Rolle beim Sturm auf das US-Kapitol am 6.
Januar 2021. Der Republikaner hatte damals seine Anhänger aufgewiegelt, weil er
seine Wahlniederlage nicht akzeptieren wollte. Diese stürmten daraufhin den
US-Kongress. Der Republikaner wollte sich auch nicht darauf festlegen, ob er den
Ausgang der Wahl im November akzeptieren wird. All das wurde aber von Bidens
Auftritt in den Schatten gestellt./nau/DP/he

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