12.06.2024 05:15:04 - dpa-AFX: WDH: Haushaltsausschuss vertagt Entscheidung zum MSC-Einstieg bei HHLA

(Wiederholung vom Vorabend)

HAMBURG (dpa-AFX) - Der Haushaltsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft
hat seine Entscheidung zum umstrittenen Einstieg der weltgrößten Reederei MSC
beim Hafenlogistiker HHLA überraschend vertagt. Eigentlich wollte
das Gremium den Deal des rot-grünen Senats am Dienstagabend mit der
Stimmenmehrheit der Regierungskoalition durchwinken. Doch daraus wurde nichts,
weil die Linken den Plan mit einem Antrag auf eine Öffentliche Anhörung
durchkreuzten. Laut der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft muss
eine Öffentliche Anhörung stattfinden, wenn mindestens 20 Prozent der
Ausschussmitglieder dies wünschen. Der Haushaltsausschuss hat 23 Mitglieder,
sechs davon entfallen auf die Opposition aus CDU, Linken und AfD.

Als Termin für die Anhörung wurde der 20. Juni (14.00 Uhr) vereinbart. Im
Anschluss daran sind eine Senatsbefragung und der nicht öffentliche Teil der
Sitzung des Haushaltsausschusses geplant. Durch die Anhörung könnte der Plan der
rot-grünen Koalition, den Deal noch in der letzten Bürgerschaftssitzung vor der
Sommerpause am 10. Juli endgültig abzusegnen, ins Wanken kommen. Zuvor hatten
bereits der Ausschuss für öffentliche Unternehmen und der Wirtschaftsausschuss
den Plan des rot-grünen Senats durchgewinkt.

"Wir müssen diesen unseligen Deal vertieft diskutieren", begründete der
Linken-Hafenexperte Norbert Hackbusch den Antrag. Und zwar schon deshalb, weil
der Vertrag Anfang vergangener Woche noch einmal geändert worden sei. "Es geht
um die privilegierte Abfertigung von MSC am Burchardkai - und die steht im
Konflikt mit der in der Drucksache betonten Diskriminierungsfreiheit", sagte
Hackbusch. Dem widersprach jedoch Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD),
die erneut ein diskriminierungsfreies Anlaufen des Terminals zusicherte.

Der Haushaltsexperte der CDU-Opposition, Thilo Kleibauer, zeigte sich
ebenfalls skeptisch ob des geplanten Deals. Es gebe noch viele offene Fragen.
Ähnliches kam von Vertretern der AfD und der FDP. Der SPD-Fachsprecher für
öffentliche Unternehmen, Markus Schreiber, nannte den Deal dagegen eine kluge
Idee und einen großen Aufschlag für den Hamburger Hafen. Grünen-Fraktionschef
Dominik Lorenzen zeigte sich offen für eine Anhörung. Gleichzeitig betonte er,
dass seine Fraktion die Chancen des Deals höher einschätze als die Risiken und
sie diesem deshalb zustimmen werde.

Vor Beginn der Sitzung des Haushaltsausschusses hatten Hafenarbeiterinnen
und Hafenarbeiter sowie die Gewerkschaft Verdi vor dem Rathaus noch einmal gegen
den geplanten Einstieg der Mediterranean Shipping Company (MSC) mit Sitz in Genf
bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) protestiert. Dabei übergaben sie
dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Mathias Petersen (SPD), einen
entsprechenden Brief und kündigten weitere Demonstrationen an. Darin kontern sie
Aussagen des MSC-Deutschlandchefs Nils Kahn zu dem Geschäft unter anderem mit:
"Wir glauben Ihnen kein Wort und appellieren an die Bürgerschaftsabgeordneten,
sich ebenfalls nicht täuschen zu lassen."

Petersen sagte bei der Übergabe des offenen Briefs auf dem Rathausmarkt, er
sei als Ausschussvorsitzender zur Neutralität verpflichtet. Aber "alle wissen,
wie ich denke". Der SPD-Politiker hatte zuvor in der "Bild"-Zeitung angekündigt,
gegen das Geschäft zu stimmen. "Der Deal ist schlecht für Hamburg. Ich will mir
von meinen Kindern und Enkeln nicht vorwerfen lassen, dass ich nicht für unseren
Hafen gekämpft habe", sagte er.

Ähnlich äußerte sich auch der Verdi-Fachbereichsleiter André Kretschmar:
"Der Deal ist ein schlechter Deal für unsere Stadt und für die Menschen im
Hafen." Der Senat verweise gerne darauf, dass die Stadt Hamburg
Mehrheitseignerin bleibe, doch gleichzeitig habe er MSC weitgehende Vetorechte
eingeräumt. "Das macht uns große Sorgen. Wir müssen davon ausgehen, dass MSC
sich spätesten in fünf Jahren, wenn die Bestandszusagen an die Beschäftigten
enden, als Wolf im Schafspelz entpuppen wird", sagte Kretschmar.

Der Senat will MSC bei der HHLA an Bord holen, um den Containerumschlag zu
stabilisieren. Die Stadt und das der italienischen Reederfamilie Aponte
gehörende Unternehmen sollen die HHLA künftig als Gemeinschaftsunternehmen
führen, bei dem die Stadt eine Mehrheit von 50,1 Prozent hält. Bislang gehörten
der Stadt rund 70 Prozent der börsennotierten HHLA.

Im Gegenzug will die weltgrößte Reederei MSC ihre Deutschlandzentrale in
Hamburg bauen, das Ladungsaufkommen im Hafen von 2025 an erhöhen und laut
Drucksache bis 2031 auf eine Million Standardcontainer (TEU) pro Jahr steigern.
Zudem wollen MSC und die Stadt das Eigenkapital der HHLA um 450 Millionen Euro
erhöhen. Zuletzt musste der Hafen Rückschläge hinnehmen. So sank der Umschlag
von Seegütern im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2022 um 4,7 Prozent auf 114,3
Millionen Tonnen - der niedrigste Wert seit 2009./klm/DP/men
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