24.06.2024 17:02:35 - dpa-AFX: Gasversorgung Europas: EU-Rechnungshof gibt keine Entwarnung

LUXEMBURG (dpa-AFX) - Um dauerhaft eine sichere Gasversorgung zu
gewährleisten und für neue Krisen gewappnet zu sein, muss die EU nach Ansicht
des Europäischen Rechnungshofes noch "etliche" Hausaufgaben erledigen. Zwar habe
die Staatengemeinschaft mit einer Reihe von Sofortmaßnahmen auf die Gaskrise
infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine reagiert, hieß es in einem am
Montag in Luxemburg veröffentlichten Bericht der EU-Prüfer. Allerdings sei der
Nutzen der Maßnahmen nicht immer eindeutig. Gleichzeitig entstünden neue
Herausforderungen.

Mit dem russischen Krieg gegen die Ukraine kam es 2022 zu einer Einstellung
der Gasimporte aus Russland, die 2021 mit 45 Prozent noch knapp die Hälfte der
Gasimporte in der EU ausmachten. Vor allem Deutschland hatte viele Jahre von
günstigem Pipeline-Gas aus Russland profitiert, es machte einst 55 Prozent der
deutschen Gesamtversorgung aus. Infolge des Lieferstopps kam es in Europa zu
einer Versorgungskrise und zu ausufernden Gaspreisen.

Die EU versuchte mit verschiedenen Maßnahmen unabhängig von russischem Gas
zu werden. So wurde unter anderem ein Mechanismus für gemeinsame Gaseinkäufe
geschaffen, um Unternehmen stabile Preise zu sichern, die Gasspeicher wieder
aufzufüllen und um zu vermeiden, dass sich die EU-Staaten gegenseitig
überbieten. Die EU-Länder verständigten sich außerdem darauf, ihren Gasverbrauch
zu senken.

Wirkung der EU-Maßnahmen nicht klar

Während der Krise habe die EU ihre Gasnachfrage erfolgreich um 15 Prozent
gesenkt, aber die Prüfer konnten nicht feststellen, ob dies allein auf die
Eingriffe der EU oder auch auf externe Faktoren wie etwa die hohen Gaspreise
oder einen warmen Winter zurückzuführen war, hieß es nun. Auch seien die
Gasspeicher wie vorgeschrieben befülllt und das 90-Prozent-Ziel sogar
übertroffen worden - "dies entspreche jedoch lediglich dem üblichen Füllstand
der Speicher vor der Krise", hieß es von den Prüfern. Ob die gemeinsamen
Gaseinkäufe einen Mehrwert hatten, könne auch nicht festgestellt werden: Die
krisenbedingten Unterschiede zwischen den Gaspreisen in den einzelnen EU-Ländern
seien bei der Inbetriebnahme des Mechanismus schon deutlich kleiner gewesen.

Die EU müsse die Rahmenbedingungen für bezahlbares Gas vervollständigen,
heißt es von den Prüfern mit Blick auf die Zukunft. Viele EU-Länder zögerten
weiter, bilaterale Solidaritätsabkommen für Gasversorgung zu schließen,
kritisierten sie weiter. Zudem müsse die Verringerung der durch Gas verursachten
CO2-Emissionen deutlich stärker vorangetrieben werden, um die Klimaziele der EU
zu erreichen./rdz/DP/jha

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