03.07.2024 15:45:30 - dpa-AFX: ROUNDUP: Lauterbach kündigt Konzept für Pflegereform an

BERLIN (dpa-AFX) - Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach peilt
angesichts steigender Milliardenkosten eine weitere Pflegereform noch vor der
Bundestagswahl an. "Wir werden nach der Sommerpause ein Konzept vorlegen", sagte
der SPD-Politiker in Berlin. Gehen soll es dabei um ein Gesamtpaket für mehr
Kapazitäten beim Pflegepersonal, ein stärkeres Vermeiden von Pflegebedürftigkeit
und das Schließen einer Finanzlücke. Die Pflegeversicherung erwartet für 2024
und 2025 rote Zahlen. Lauterbach sprach von einer Herausforderung, die aber
lösbar sei. Es stehe "keine Kosten-Explosion" an. Patientenschützer forderten
rasche Vorschläge.

Der Minister sagte: "Die Ampel wird noch eine große Pflegereform vorlegen."
Ohne Reformen würde die Pflegeversicherung teurer werden. "Der Beitragsatz würde
steigen, weil wir auch mehr Pflegebedürftige haben. Darauf werden wir
reagieren." Dazu gehörten Gesetzespläne für eine bessere Vorbeugung etwa von
Demenz und Schlaganfällen. "Viele Pflegefälle sind vermeidbar." Lauterbach
verwies außerdem auf geplante Neuregelungen, die mehr Kompetenzen für
Pflegefachkräfte vorsehen, um den Beruf attraktiver zu machen. Gesetzlich
ermöglicht werden sollen auch neue Pflegeangebote in der Lücke zwischen einer
Betreuung zu Hause und im Heim.

Mit Blick auf die Finanzlage stellte Lauterbach Vorschläge in Aussicht, "wie die Pflegeversicherung solidarisch gut bezahlt werden kann". Zu einzelnen
Vorschlägen und Komponenten für eine Reform äußerte er sich nicht, betonte aber:
"Die Ampel hat dafür Ideen und auch die politische Kraft." Das Bundeskabinett
billigte einen vom Gesundheitsressort erstellten Bericht zur "zukunftssicheren
Finanzierung" der Pflegeversicherung, der "Szenarien und Stellschrauben
möglicher Reformen" zeigen soll. Eine Vorfestlegung sei damit nicht verbunden,
erklärte die Bundesregierung. Es handele sich um eine datenbasierte Grundlage
für weitere Beratungen.

Milliarden-Defizite erwartet

Eine weitere Stabilisierungsaktion für die Pflege kommt nun in Sicht,
nachdem sich Lauterbach angesichts von Differenzen in der Koalition zuletzt eher
skeptisch zu den Erfolgschancen geäußert hatte. Eine erste Reform hatte die
Ampel schon umgesetzt. Sie brachte Entlastungen für Pflegebedürftige, aber auch
eine Beitragsanhebung zum 1. Juli 2023. Die höheren Einnahmen trugen dazu bei,
dass die Pflegeversicherung im vergangenen Jahr 1,79 Milliarden Euro Überschuss
verbuchte.

Die Reform sollte die Finanzen eigentlich vorerst bis 2025 absichern. Nach
dem ersten Quartal 2024 stand nun aber bereits ein Defizit von 650 Millionen
Euro, wie der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen mitteilte,
der auch die Pflegekassen vertritt. Im Gesamtjahr wird mit einem Minus von 1,5
Milliarden Euro gerechnet, für 2025 dann mit einem Defizit von 3,4 Milliarden
Euro. Dies entspräche rein rechnerisch einer erneuten Beitragsanhebung von 0,2
Punkten.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte, den Ankündigungen
Lauterbachs müssten unverzüglich Gesetzesvorschläge folgen. So müsse ein
Steuerzuschuss festgelegt werden. "Es reicht für die Zukunftsfähigkeit der
Altenpflege nicht aus, nur von einem neuen Berufsbild in der Pflege zu reden und
auf mögliche Synergieeffekte zu hoffen", sagte Vorstand Eugen Brysch der
Deutschen Presse-Agentur. Denn der allergrößte Teil der Pflegebedürftigen werde
zu Hause von Angehörigen versorgt. Für sie brauche es eine Erhöhung und
jährliche Dynamisierung des Pflegegelds.

Ein von der Vorgängerregierung eingeführter Bundeszuschuss von jährlich
einer Milliarde Euro war im Zuge der Haushaltssanierung 2024 gestrichen
worden./sam/DP/jha

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