30.06.2024 14:34:10 - dpa-AFX: Loch in der Familienkasse - Inflation frisst Plus beim Einkommen

BERLIN (dpa-AFX) - Die Inflation hat die jüngste Steigerung der Einkommen in
Deutschland aufgefressen. Zwar wuchs das mittlere Einkommen nach Angaben des
Statistischen Bundesamts von 2022 auf 2023 um 5,1 Prozent - die Teuerungsrate
lag aber bei 5,9 Prozent. Die Daten hat das Bündnis Sahra Wagenknecht bei der
Behörde abgefragt. Vergleicht man die Jahre 2021 und 2023, ist die Lücke noch
größer. "Die Deutschen sind deutlich ärmer geworden", schließt die
BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht aus den Zahlen.

Die Inflation hatte sich nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Anfang
2022 beschleunigt, weil Energie und in der Folge auch Produktion und importierte
Waren viel teurer wurden. Die Europäische Union hatte Ölimporte aus Russland
eingeschränkt und weitere Sanktionen verhängt. Moskau stoppte den Gasexport nach
Deutschland über die Nord-Stream-Pipelines, bevor die Leitungen bei einem
Anschlag gesprengt wurden.

Unterm Strich ein Minus

Gewerkschaften versuchten, die Preissprünge mit hohen Tarifabschlüssen
auszugleichen, und auch die Renten wurden deutlich erhöht. Unterm Strich bleibt
aber in den Kassen der Haushalte im Schnitt ein Minus. Besonders deutlich wird
das mit Blick auf Zahlen vor der Ukraine-Krise: So lag die Teuerung von 2021 bis
2023 bei insgesamt 13,2 Prozent. Die verfügbaren mittleren Einkommen wuchsen in
derselben Zeit nur um gut 5,8 Prozent von 33 558 auf 35 510 Euro.

Das "mittlere Einkommen" - in der Regel Medianeinkommen genannt - ist eine
statistische Größe, die sehr hohe und sehr niedrige Einkommen weniger stark
gewichtet als das "Durchschnittseinkommen". Die Tendenz ist aber bei beiden
Rechengrößen ähnlich: Das Durchschnitts-Nettoeinkommen je Haushalt legte von
2021 bis 2023 von bundesweit 41 887 Euro auf 43 795 Euro zu. Gemeint sind nicht
nur Löhne, sondern auch andere Einkommensarten wie Mieteinnahmen oder
Transferleistungen.

Wagenknecht lastet die Entwicklung der Regierung an. "Sieben Prozent weniger Kaufkraft seit 2021 für die Mittelschicht sind ein historischer
Wohlstandsverlust, für den die Ampel hauptverantwortlich ist", kommentierte die
Parteigründerin. "Die Ampel war und ist Inflationstreiber und Einkommensbremse
zugleich." Sie kritisierte erneut die Wirtschaftssanktionen gegen Russland sowie
eine aus ihrer Sicht "ideologiegetriebene Energiepolitik mit Sonderabgaben". Bei
Renten und Mindestlohn habe die Regierung die Inflation nicht annähernd
ausgeglichen.

Der Mindestlohn stieg zu Jahresbeginn um 41 Cent auf 12,41 Euro, zum
nächsten Jahreswechsel kommen weitere 41 Cent hinzu. Die Renten steigen im Juli
um 4,57 Prozent. Vor einem Jahr stiegen sie im Westen um 4,39 Prozent und im
Osten um 5,86 Prozent./vsr/DP/nas

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