10.07.2024 06:18:42 - dpa-AFX: POLITIK: Schweitzer will ein 'zuhörender Ministerpräsident' sein

MAINZ (dpa-AFX) - Alexander Schweitzer will als Nachfolger von Malu Dreyer
in Rheinland-Pfalz ein "zuhörender und lernender Ministerpräsident" sein. "Die
Menschen müssen das Gefühl haben, dass ihnen zugehört wird, dass sie eine Rolle
spielen", sagte der 50-jährige Pfälzer der Deutschen Presse-Agentur in Mainz.
Daher wolle er schon in diesem Sommer bei der Meinungsbildung sowohl auf Tiktok
im Internet als auch an den Theken des Landes mit dabei sein. Damit knüpft der
2,06 Meter große Sozialpolitiker an das Motto seiner Vorgänger Dreyer und Kurt
Beck (beide SPD) an: "Nah bei de` Leut`".

Mit Verweis auf seine eigene Biografie will sich der Arbeits- und
Sozialpolitiker auch dafür einsetzen, das sozialdemokratische
Aufstiegsversprechen neu zu beleben. Den Schlüssel dafür sieht er in der
Bildungspolitik, auf die die SPD-geführten Regierungen im Bundesland schon immer
stolz waren.

In Landau nahe der französischen Grenze geboren, war Schweitzer mit seinen
Eltern die ersten sechs Jahre seines Lebens auf Frachtschiffen zwischen
Deutschland und den Benelux-Staaten unterwegs. "Ich bin unter Menschen
aufgewachsen, die rund um die Uhr mit ihren Händen gearbeitet haben", erzählt
er. "Diese Zeit hat auch mein Bild von Arbeit geprägt."

"Habe einfach immer notorisch Ja gesagt"

"Von Bord ging es dann in den katholischen Kindergarten, zusammen mit meiner zweieinhalb Jahre jüngeren Schwester." Er wuchs auf dem Dorf in der Südpfalz auf
und legte in Bad Bergzabern als Erster in seiner Familie das Abitur ab. Dort
lebt der Veganer bis heute mit seiner Frau und seinen zwei schulpflichtigen
Söhnen. Seine Frau ist Lehrerin an einer Realschule plus. Die beiden kennen sich
seit der Schulzeit, sind aber erst viel später ein Paar geworden. Die ältere
Tochter (25) aus einer früheren Beziehung ist aus dem Haus.

Zum Jura-Studium kam Schweitzer in die Landeshauptstadt Mainz, danach war er Wirtschaftsstaatssekretär, Landtagsabgeordneter und SPD-Generalsekretär. In der
ersten Regierung von Malu Dreyer war er ihr Nachfolger im Amt das
Sozialministers (2013/14) - und mit damals 39 Jahren jüngstes Kabinettsmitglied.

Mit 16 Jahren trat er in die SPD ein, Kurt Beck, dessen Wahlkreis Südliche
Weinstraße er später übernahm, war sein politischer Ziehvater. Schweitzer gilt
schon lange als Hoffnungsträger der Partei. Aber auch als exzellent vernetzter
Machtpolitiker, der warten kann. Er hat auch gute Drähte in die Berliner SPD und
gehört dem Parteivorstand der Bundespartei seit 2017 an. Schweitzer versichert
aber auch: "Ich hatte keine Strategie und keinen Plan, ich war nie auf Ämter
fokussiert. Ich habe einfach immer notorisch Ja gesagt."

Am liebsten würde er in Mainz weiter im Abgeordnetenhaus übernachten

Er ist großer Fan des Fußballvereins 1. FC Kaiserslautern, sein persönlicher Lieblingssport ist passend zur Körpergröße Basketball. "Früher habe ich für Bad
Bergzabern als Center gespielt" - meist die Position des größten und körperlich
stärksten Spielers. Seine Basketballkarriere habe er aber für die Politik
aufgegeben. Der FCK-Fan ist auch Vorsitzender der Fritz-Walter-Stiftung, die
sich für die Förderung der sportlichen Jugendarbeit und den Austausch mit
Mittel- und Osteuropa einsetzt.

Am liebsten würde der Pfälzer Familienvater auch künftig im Abgeordnetenhaus übernachten, wenn er in Mainz ist. Sein Abgeordnetenmandat will er auch als
Ministerpräsident nicht aufgeben. Er bezeichnet sich selbst als
"leidenschaftlichen Parlamentarier" und fiel in sieben Jahren als Fraktionschef
(2014 bis 2021) mit mancher pointierten Rede im Landtag auf.

Daran will er auch als Regierungschef anknüpfen: Ihm ist anzumerken, dass er sich freut, wieder häufiger politisch Stellung nehmen zu können. "Als Minister
saß ich oft auf der Regierungsbank und musste in der Debatte manches für mich
behalten."/irs/DP/zb

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