28.06.2024 11:30:02 - dpa-AFX: HINTERGRUND/Messe Eurobike: Es geht um mehr als Freizeit

FRANKFURT (dpa-AFX) - Wenn am kommenden Mittwoch die Fahrrad-Leitmesse
Eurobike in Frankfurt ihre Tore öffnet, geht es um mehr als um Freizeitspaß. Das
Fahrrad, da sind sich die zum Begleitkongress versammelten Experten sicher, kann
auch einen großen Teil der Verkehrsprobleme in den Städten lösen und die
CO2-Probleme des Verkehrssektors in Luft auflösen.

Eine Vielzahl von technischen Neuerungen werden vom 3. bis zum 7. Juli
zunächst den Fachleuten und dann am Wochenende auch dem breiten Publikum
präsentiert. In schwierigen wirtschaftlichen Zeiten gibt es unter anderem
verfeinerte Elektro-Antriebe zu sehen und auf den verlängerten Probeparcours zu
erfahren, ebenso wie wendige Neukonstruktionen bei Lastenfahrrädern oder
digitale Lösungen für die kleinen Probleme des Radlerlebens.

Die Frankfurter Messe kommt zu einer für die Branche schwierigen Zeit. Nach
dem ausgelaufenen Corona-Boom war der deutsche Markt schon 2023 von einem
deutlichen Überangebot an Rädern geprägt, das bei schwacher Konjunktur nicht auf
eine ausreichende Nachfrage getroffen ist. Mit mehr als 1800 Ausstellern hat die
Eurobike im Vergleich zum Vorjahr knapp 100 Kunden verloren, aber gleichzeitig
neue und große Marken wie Giant oder Kalkhoff gewonnen, sagt Sprecher Frank
Gauß. Mit 150 000 Quadratmetern wird erneut das gesamte westliche Messegelände
bespielt.

Bio-Bikes bringen wenig Umsatz

4 Millionen Fahrräder und damit 600 000 weniger als im Vorjahr wurden 2023
in Deutschland verkauft, von denen erstmals die Mehrheit (2,1 Millionen Stück)
einen elektrischen Antrieb hatte. Mit einem erneut gestiegenen
Durchschnittspreis von knapp 3000 Euro sind die E-Bikes für Hersteller und
Handel das weit lukrativere Geschäft als die herkömmlichen, mit Muskelkraft
getriebenen "Bio-Bikes", die über alle Vertriebskanäle im Schnitt nur 470 Euro
brutto erlösten, wie der Industrieverband ZIV berichtet. Einzige Ausnahme sind
hochwertige Rennräder, die einer bestimmten Klientel durchaus auch als
Prestige-Objekt taugen.

Auf der Eurobike richten sich daher die meisten Blicke auf die weiteren
Entwicklungen bei den E-Bikes. Technisch verfeinern große Autozulieferer wie
Bosch, Mahle oder ZF die wesentlichen Komponenten wie Motoren, Batterien und
Steuerung unter anderem mit Anwendungen künstlicher Intelligenz. Ein
Leckerbissen für Technik-Freaks ist beispielsweise die kompakte
Motor-Getriebe-Einheit von Pinion, die in diesem Jahr auch als Automatik
vorgestellt wird. Der Experte Gunnar Fehlau vom Pressedienst Fahrrad hat zudem
das Dauer-Thema Gewicht als Mega-Trend ausgemacht. Kaum jemand benötige im
Alltag oder auf der Feierabendrunde immer stärkere Motoren und größere Akkus.
Stattdessen müssten Pendler-Bikes wie auch Lastenräder leicht und damit
handhabbar sein.

Frühe Rabattschlacht

Doch auch im laufenden Jahr hatte die wetterfühlige Branche Pech mit der
Witterung im durchwachsenen Frühjahr. Die Rabattschlacht hat noch früher
begonnen als üblich. Schon im Frühsommer sind renommierte Marken wie Koga oder
Specialized mit offen beworbenen Preisnachlässen im Markt. Auch manche
Fachhändler werben bereits mit Preisnachlässen. "Auch 2024 wird noch einmal ein
sehr schwieriges Jahr", sagt Wasilis von Rauch von der Initiative Zukunft
Fahrrad, der erst für 2025 ein neues Normal-Level erwartet.

Diensträder stützen Geschäft

Eine Stütze bleibt das populäre Dienstrad-Leasing, das von den Beschäftigten vor allem zur Anschaffung sehr hochwertiger und entsprechend teurer Bikes
genutzt wird. Nachdem 2023 noch einmal rund 790 000 Diensträder an die
Kundschaft gebracht wurden, sind inzwischen rund 2 Millionen auf den Straßen
unterwegs. "Wir wären viel schlimmer in der Krise, wenn es kein Leasing gäbe",
sagt der Branchenexperte und Jobrad-Aufsichtsrat Ralf Kindermann.

Zunehmendes Kopfzerbrechen bereitet aber die steigende Zahl von
Leasing-Rückläufern, die nach drei Jahren nicht von ihren Mietern übernommen
werden. Sie brächten derzeit nicht die erhofften Wiederverkaufswerte, räumt
Kindermann ein. Bei spezialisierten Gebrauchthändlern steige daher das Angebot
an kostengünstigen und generalüberholten E-Bikes, neue Schnäppchen-Märkte für
nicht mehr ganz taufrische E-Bikes entstehen.

Schirmherren sollen unterstützen

Der Fahrradboom der Corona-Jahre ist erst einmal vorbei, so viel ist bereits vor der Eurobike sicher. Ein Bündnis aus mehreren Verkehrsverbänden hat eine
stärkere Förderung nachhaltiger Mobilität durch den Bund gefordert. "Es braucht
gleichwertige Voraussetzungen auf den Straßen für alle Verkehrsmittel", heißt es
in einem Forderungspapier, das die Verbände Allianz pro Schiene, Bundesverband
Carsharing, Zukunft Fahrrad und der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen am
Montag in Berlin vorstellten. "Dafür braucht es unter anderem eine Milliarde
Euro pro Jahr für attraktive und sichere Fahrradinfrastruktur."
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ist gemeinsam mit dem hessischen
Amtskollegen Kaweh Mansoori und Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef (beide
SPD) Schirmherr der Eurobike./ceb/DP/zb

--- Von Christian Ebner, dpa ---
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