14.06.2024 12:41:18 - dpa-AFX: Gegenseitige Vorwürfe zu geplantem U-Ausschuss Atomausstieg

BERLIN (dpa-AFX) - In der Bundestagsdebatte zu einem möglichen
Untersuchungsausschuss zu politischen Entscheidungen vor dem endgültigen
Atomausstieg 2023 haben sich Vertreter von Ampel und Opposition mit Vorwürfen
überzogen. Es stehe der Verdacht im Raum, dass Öffentlichkeit und Bundestag
getäuscht worden seien, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der
CDU/CSU-Fraktion, Patrick Schnieder (CDU), am Freitag in Berlin. "Bis heute gibt
es keine zufriedenstellenden Antworten auf die gestellten Fragen." Andreas Lenz
von der CSU erklärte: "Parteipolitik, Parteilogik kam also vor dem Wohl des
Landes."

Die Union hat Wirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi
Lemke (beide Grüne) im Verdacht, einen möglichen Weiterbetrieb der letzten drei
deutschen Atomkraftwerke nicht unvoreingenommen geprüft zu haben. Den beiden
wird vorgeworfen, interne Bedenken unterdrückt zu haben, was beide Ministerien
bestreiten. Nach dem Angriff von Deutschlands wichtigstem Gaslieferanten
Russland auf die Ukraine im Februar 2022 war eine Debatte darum ausgebrochen, ob
der eigentlich für den Jahreswechsel geplante Atomausstieg tatsächlich vollzogen
werden sollte. Am Ende wurde die Laufzeit von zwei AKW um drei Monate
verlängert.

Der SPD-Abgeordnete Jakob Blankenburg warf der Union vor: "Worum es Ihnen
geht, ist Meinungsmache, ist Wahlkampf." Die klimaschutz- und energiepolitische
Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Nina Scheer, zählte die Argumente gegen
einen Weiterbetrieb auf. Sie erinnerte an die damals bereits abgelaufene
Sicherheitsüberprüfung und warf der Union einen Zickzackkurs vor. Diese hatte
den Atomausstieg unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) einst eingeleitet. Am Ende
habe man eine politische Entscheidung getroffen, sagte Scheer.

Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene
Mihalic, sagte zur Haltung ihrer Partei: ""Atomkraft nein danke", das ist Teil
unserer DNA." Auch sie verwies auf auslaufende Genehmigungen und ungeklärte
Fragen zur Lagerung von Atommüll. "Dass grüne Ministerinnen und Minister bei
dieser Ausgangsbasis darüber sprechen, was in einer solchen Notlage vertretbar
ist oder nicht, das ist eine Selbstverständlichkeit in einer Demokratie."

Zuspruch zum U-Ausschuss kam hingegen von der FDP. Der energiepolitische
Sprecher der Fraktion, Michael Kruse, erinnerte an die explodierenden Gaspreise
im Jahr 2022. Russland habe einen Energiekrieg gegen Europa lange vor dem
Angriff auf die Ukraine begonnen. Kruse erinnerte daran, dass die FDP damals den
längeren Betrieb der deutschen Atomkraftwerke vehement eingefordert hatte. Die
Entscheidung dafür sei jedoch zu spät gekommen, es hätte Signale gebraucht, um
die Märkte zu beruhigen. Er plädierte dafür, die Entscheidungen um den Bau der
russischen Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 im Untersuchungsausschuss
mitzubehandeln.

Der AfD-Abgeordnete Rainer Kraft warf der Ampel-Regierung vor, mit dem
Ausstieg aus der Atomkraft einen der "größten energiepolitischen Schätze" der
Nation vernichtet zu haben.

Nun ist zunächst ein Ausschuss am Zug. Die Entscheidung zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses und dessen genauen Auftrag muss das Plenum bei einer
späteren Sitzung treffen. Über die nötige Zahl von mindestens einem Viertel der
Stimmen verfügt die Unionsfraktion, die 195 der 733 Sitze stellt./hrz/DP/ngu

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