09.07.2024 06:30:03 - dpa-AFX: ROUNDUP: Weltsicherheitsrat erörtert russische Angriffe auf Kiew

KIEW (dpa-AFX) - Nach den jüngsten russischen Raketenangriffen auf
ukrainische Städte mit Dutzenden Todesopfern steht Moskau einmal mehr am Pranger
der internationalen Gemeinschaft. Der UN-Weltsicherheitsrat will sich in einer
Dringlichkeitssitzung mit den Angriffen befassen, die unter anderem eine
Kinderklinik in Kiew schwer beschädigt hatten. Der UN-Hochkommissar für
Menschenrechte, Volker Türk, verurteilte die russischen Raketenangriffe und
forderte, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Bei den Attacken auf Kiew und Dnipro waren mehr als drei Dutzend Menschen
getötet und über 140 verletzt worden. Nach Angaben der Militärverwaltung starben
in der Hauptstadt mindestens 27 Menschen, unter ihnen drei Kinder, 82 Menschen
wurden verletzt. In Dnipro wurden offiziell elf Tote und 59 Verletzte gemeldet.
Präsident Wolodymyr Selenskyj präsentiert auf der Plattform X abweichende Zahlen
- er sprach von insgesamt 37 Toten und 170 Verletzten, unter ihnen 13 Kinder.

Da Russland im Sicherheitsrat Veto-Recht hat, ist keine einstimmige
Verurteilung des Vorgehens der russischen Streitkräfte zu erwarten. "Wir müssen
Russland für den Terror zur Rechenschaft ziehen und (Kremlchef Wladimir) Putin
für die Befehle zur Durchführung der Angriffe", forderte Selenskyj während eines
Besuchs in Warschau. "Wann immer jemand versucht, mit ihm über Frieden zu
sprechen, antwortet Russland mit Angriffen auf Wohnhäuser und Krankenhäuser."

In der ukrainischen Hauptstadt dauerten unterdessen die Bergungsarbeiten an
der beschädigten Kinderklinik an. Hunderte Anwohner halfen den Feuerwehrleuten
bei der Suche nach weiteren Opfern und beim Räumen der Trümmer. US-Präsident Joe
Biden nannte die Angriffe "eine grausame Erinnerung an die Brutalität
Russlands". Es sei von entscheidender Bedeutung, dass die Welt in diesem
wichtigen Moment weiterhin an der Seite der Ukraine stehe, mahnte er.

UN-Menschenrechtschef verurteilt russischen Angriff auf Krankenhaus

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Türk, verurteilte die
Raketenangriffe. "Unter den Opfern waren die kränksten Kinder der Ukraine",
sagte er in Genf. Schockierender Weise sei bei einem der Angriffe die
Intensivstation des größten Kinderkrankenhauses der Ukraine schwer beschädigt
und die Dialyseabteilung zerstört worden. "Das ist abscheulich", sagte Türk.
"Wer Einfluss hat, muss alles tun, damit diese Angriffe sofort aufhören."

Ebenfalls in Kiew wurden Türks Angaben zufolge mindestens sieben Zivilisten
in einem der größten Zentren für Frauengesundheit in der Ukraine durch
herabstürzende Trümmer einer über der Einrichtung abgefangenen Rakete getötet.

Das russische Verteidigungsministerium bestätigte Raketenangriffe, die
angeblich Rüstungsfabriken und Militärflugplätzen der Ukraine galten. Die vielen
Videobilder aus Kiew belegten aus russischer Sicht, dass die Schäden durch eine
ukrainische Flugabwehrrakete verursacht worden seien, hieß es ohne Beleg. Die
Erschütterung der Ukrainer über den Angriff tat das Moskauer Militär als
"Hysterie des Kiewer Regimes" ab, wie sie sich immer wieder vor Zusammenkünften
der Nato zeige.

Nato-Gipfel in Washington beginnt

Mit Feierlichkeiten zum 75. Jubiläum der Nato beginnt ein dreitägiger Gipfel des Verteidigungsbündnisses in Washington. Bei dem Spitzentreffen in der
US-Hauptstadt wollen die Staats- und Regierungschefs der 32 Mitgliedsstaaten
über den Ausbau der Abschreckung und Verteidigung sowie weitere Unterstützung
für die Ukraine beraten.

Zu dem Treffen werden neben Bundeskanzler Olaf Scholz und den anderen
Staats- und Regierungschefs auch zahlreiche Gäste erwartet. Dabei ist der
ukrainische Präsident Selenskyj. Gastgeber ist US-Präsident Biden, der sich in
der heißen Phase des Wahlkampfes befindet.

Die Ukraine erhofft sich vom Nato-Gipfel weitere Unterstützung in ihrem
Abwehrkampf gegen das russische Militär. Eine weitere Annäherung Kiews an die
erhoffte Mitgliedschaft im Verteidigungsbündnis ist jedoch nicht zu erwarten,
wie verschiedene Gipfel-Teilnehmer noch vor dem Treffen erklärten. Allerdings
erhofft sich Kiew Zusagen über die Lieferung weiterer Flugabwehrsysteme zum
Ausbau seines Schutzschirms gegen russische Luftangriffe.

Unter anderem war zuletzt die Lieferung von bis zu sechs
Patriot-Flugabwehrsysteme aus Israel im Gespräch, die vor der Übergabe noch in
den USA überholt werden sollten. "Wir brauchen Mittel, um unsere Menschen zu
schützen", sagte Selenskyjs Stabschef Andrij Jermak in einer
Online-Pressekonferenz. Er gehe davon aus, dass Russland gezielt vor dem
Nato-Gipfel angegriffen habe.

Putin trifft Modi

In Moskau kommen unterdessen Kremlchef Putin und der indische Regierungschef zum offiziellen Teil ihrer Gespräche zusammen. Beide Seiten wollen vor allem
ihre wirtschaftlichen Beziehungen vertiefen.

Nach Kremlangaben wird auch über Russlands Invasion in der Ukraine
gesprochen. Unklar war, ob auch über den folgenschweren russischen
Raketenangriff gesprochen wird, der die Kinderklinik schwer beschädigte.

Indien treibt immer intensiver Handel mit der Rohstoffgroßmacht und ist
inzwischen ein Großabnehmer russischen Erdöls. Moskaus Medien hatten bereits in
den vergangenen Tagen berichtet, dass diese Reise Modis nach dessen Wiederwahl
ein besonderes Zeichen der Wertschätzung sei für die Beziehungen Indiens zu
Russland. Russland ist für Indien ein wichtiger Energielieferant./cha/DP/zb

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