04.05.2024 11:35:11 - dpa-AFX: ROUNDUP 2: Hamas signalisiert Einlenken vor Gaza-Verhandlung

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KAIRO/TEL AVIV/GAZA (dpa-AFX) - Vor einer neuen Verhandlungsrunde im
Gaza-Krieg hat die islamistische Hamas ein Einlenken signalisiert. Es gebe zwar
noch Punkte zu besprechen und Klarstellungen zu treffen, insgesamt reise man
aber mit einer "positiven Einstellung" zu den indirekten Verhandlungen nach
Kairo, um eine Einigung zu erzielen, hieß es am Freitagabend aus Hamas-Kreisen.
Eine Delegation werde am Samstag in der ägyptischen Hauptstadt eintreffen,
bestätigte die Islamistenorganisation. Dort sollen die indirekten Verhandlungen
über eine Freilassung von Geiseln und eine Waffenruhe laut Medien an diesem
Wochenende fortgeführt werden.

William Burns, Chef des US-Geheimdienstes CIA, sei bereits am Freitag in
Kairo eingetroffen, berichtete das Nachrichtenportal "Axios" unter Berufung auf
drei mit dem Vorgang vertraute Quellen. Ein ranghoher israelischer Beamter
dämpfte jedoch gegenüber der "Times of Israel" Erwartungen, dass eine Einigung
unmittelbar bevorstehe.

Bericht: Israel gab Hamas noch eine Woche Zeit

"Auch wenn sich die Vermittler optimistisch äußern, hat Israel bisher nicht
gehört, dass die Hamas bereit ist, von ihren Maximal-Positionen abzurücken",
wurde der Beamte am frühen Samstagmorgen zitiert. Der israelische Sender Kan
berichtete unter Berufung auf eine palästinensische Quelle, die Delegation der
Hamas werde eine Antwort auf den jüngsten Vorschlag für ein Abkommen in Kairo
nicht vorlegen. Der Quelle zufolge wolle die Delegation die Verhandlungen
fortsetzen. Zu ihren wichtigsten Forderungen zähle eine Garantie dafür, dass
Israel im Gegenzug für die Freilassung von Geiseln dem Ende des Krieges
zustimmt.

Israel habe der Hamas eine Woche Zeit gegeben, um einem Abkommen über eine
Waffenruhe zuzustimmen, sagten ägyptische Beamte, die mit der Angelegenheit
vertraut seien, am Freitag dem "Wall Street Journal". Anderenfalls werde Israel
zur angekündigten Bodenoffensive auf die Stadt Rafah im Süden Gazas übergehen.
Nach Informationen der Zeitung hatte Ägypten gemeinsam mit Israel einen
überarbeiteten Vorschlag für eine Waffenruhe ausgearbeitet, den es der Hamas am
vergangenen Wochenende vorgelegt habe.

Von der im Exil lebenden politischen Führung der Hamas sei erwartet worden,
dass sie sich mit ihrem militärischen Flügel im Gazastreifen unter Führung von
Jihia al-Sinwar berät und darauf reagiert, schrieb die Zeitung. Doch Sinwar, von
dem vermutet wird, dass er sich in Tunneln der Hamas unter dem abgeriegelten
Küstengebiet versteckt hält und die endgültigen Entscheidungen trifft, habe
nicht geantwortet, hieß es. Daraufhin hätten ägyptische Beamte der Hamas am
Donnerstag die Botschaft aus Israel überbracht. Dies würde bedeuten, dass die
Hamas bis nächste Woche Zeit hätte, einem Abkommen zuzustimmen. Am Freitagabend
verlautete aus Hamas-Kreisen, die Antwort werde "positiv" ausfallen. Man sei
entschlossen, ein Abkommen zu erzielen, das den Forderungen der Palästinenser
gerecht werde, zitierte die "Times of Israel" am frühen Samstagmorgen eine
Erklärung der Terrororganisation.

Bericht: Anzeichen für Einlenken der Hamas

Gegenstand der indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas, bei
denen Ägypten, Katar und die USA vermitteln, ist ein Vorschlag, der die
Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas sowie die Einstellung der
Kampfhandlungen seitens Israels in mehreren Phasen vorsieht, berichtete das
Nachrichtenportal "Axios". Ähnliche Vorstöße waren in der Vergangenheit daran
gescheitert, dass die Hamas die endgültige Beendigung des Krieges durch Israel
zur Bedingung einer auch nur teilweisen Geiselfreilassung machte. Zuletzt hatten
Beobachter angenommen, dass die Hamas auch diesen mehrstufigen
Vermittlervorschlag ablehnen würde.

Ranghohe israelische Beamte wollen "Axios" zufolge jedoch jetzt "erste
Anzeichen" dafür erkannt haben, dass die Islamisten der ersten Phase des Deals -
der Freilassung von Frauen, Kindern, Älteren und Verletzten unter den Geiseln
während einer zeitlich begrenzten Waffenruhe - zustimmen könnten, ohne wie
bisher darauf zu beharren, dass sich Israel von vornherein zur Beendigung des
Krieges verpflichtet. Israels Führung bestand von Anfang an auf einem
mehrstufigen Abkommen, um sich die Option auf die Fortsetzung des Krieges
vorzubehalten, falls es nach ersten Geiselfreilassungen und einer begrenzten
Waffenruhe zu keinen weiteren Vereinbarungen käme. Zugleich würden die
Islamisten ihren Preis für ein Nachgeben fordern. "Die Hamas (...) könnte die zu
vereinbarende Zahl der Geiseln, die sie aus humanitären Gründen freilässt,
senken und im Gegenzug die der freizulassenden palästinensischen Gefangenen (in
israelischen Gefängnissen) erhöhen", schrieb "Axios".

WHO warnt vor "Blutbad" in Rafah

Die israelische Regierung hatte einen raschen Beginn der Militäroffensive in Rafah im Süden Gazas angekündigt, sollte es nicht zu einer Einigung kommen.
Verbündete wie die USA haben Israel wiederholt vor einem großangelegten Angriff
auf Rafah gewarnt, weil dort laut der Weltgesundheitsorganisation WHO mehr als
1,2 Millionen palästinensische Zivilisten Schutz suchen. Die an Ägypten
grenzende Stadt gilt nach rund sieben Monaten Krieg als einzige in Gaza, die
noch vergleichsweise intakt ist. Die WHO warnte vor den Folgen einer Offensive.
Die Organisation sei zutiefst besorgt, dass eine großangelegte Militäroperation
"zu einem Blutbad führen könnte", teilte sie am Freitagabend auf X, ehemals
Twitter, mit.

Der stellvertretende UN-Sprecher Farhan Haq machte am Freitag unter Berufung auf das UN-Kinderhilfswerk besonders auf das Schicksal der rund 600 000 Kinder
in der an Ägypten grenzenden Stadt aufmerksam. Fast alle von ihnen seien
"entweder verletzt, krank, unterernährt, traumatisiert oder behindert". Eine
Offensive würde für sie eine weitere Katastrophe bedeuten, sagte Haq. Laut der
WHO sind nur ein Drittel der 36 Krankenhäuser im gesamten Gazastreifen noch
teilweise funktionsfähig. Drei davon befänden sich in Rafah.

Auslöser des Krieges war das Massaker mit mehr als 1200 Toten, das
Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres in
Israel verübt hatten. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer
Bodenoffensive in Gaza. Angesichts der hohen Zahl ziviler Opfer und der
katastrophalen humanitären Lage steht Israel international in der Kritik. Die
von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde gab die Zahl der seit
Kriegsbeginn in Gaza getöteten Menschen zuletzt mit 34 596 an. Die Zahl
unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Bewaffneten und lässt sich
unabhängig kaum überprüfen.

UN werfen israelischen Zivilisten Beschädigung von Hilfslieferung vor

Die Vereinten Nationen haben unterdessen israelischen Zivilisten
vorgeworfen, für den Gazastreifen bestimmte Hilfsgüter aus Jordanien mutwillig
beschädigt zu haben. Der Konvoi habe Lebensmittelpakete, darunter Zucker, Reis,
Zusatznahrung und Milchpulver befördert, sagte Haq. Eine begrenzte Menge davon
sei am Donnerstag auf der Fahrt durch das Westjordanland von israelischen
Zivilisten entladen und beschädigt worden. Auf weitere Hilfslieferungen aus
Jordanien werde dieser Vorfall zunächst keine Auswirkungen haben. Die Hilfsgüter
seien inzwischen in Gaza angekommen und würden wie geplant verteilt, hieß
es./ln/DP/zb

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