29.03.2024 14:57:31 - dpa-AFX: SPORT: Klassiker-Rarität mit Trainer-Brisanz - Hoeneß: Alternativen finden

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Thomas Tuchel lachte laut, als seine Meinung in der
durch das Alonso-Votum verkomplizierten Münchner Trainer-Situation gefragt war.
"Hahaha - ja, gut, nächste Frage. Ich werde mich ganz sicher nicht in die
Nachfolge-Diskussion einmischen", sagte der grinsende Bayern-Coach. Die
Klassiker-Rarität, bei der Harry Kane dabei ist, Manuel Neuer aber verletzt
fehlt, bekommt neben aller üblicher Brisanz durch die veränderte Lage auf dem
Trainer-Markt eine neue Facette.

Das oftmals als Titelkampf-Finale gehypte Rückrunden-Duell zwischen dem FC
Bayern und Borussia Dortmund am Samstag (18.30 Uhr/Sky) findet erstmals seit
fast anderthalb Jahrzehnten ohne Tabellenführer statt - aber dafür mit umso mehr
Trainer-Diskussionen. Erst recht nach dem Ja von Xabi Alonso zu einem weiteren
Jahr mit Bayer Leverkusen. "Das ist Xabis Entscheidung", sagte Tuchel schon vor
der offiziellen Verkündung. "Ich glaube nicht, dass es Sinn macht, dass ich die
kommentiere."

Hoeneß: Management muss Alternativen finden

Ehrenpräsident Uli Hoeneß hob in der sich anbahnenden Entscheidungsphase des von Liverpool bis München umgarnten Bald-Meistertrainers Alonso, "die Aufgabe
des sportlichen Managements" hervor, "Alternativen zu suchen und zu finden". Ist
Österreichs Nationalcoach Ralf Rangnick eine? Roberto De Zerbi vom englischen
Erstligisten Brighton & Hove Albion? Oder am Ende doch eine erstaunliche wie
unerwartete Idee mit Bundestrainer Julian Nagelsmann, der auch schon als
Nachfolger von Edin Terzic bei Borussia Dortmund ins Gespräch gebracht wurde?

Terzic steht in Dortmund trotz Vertrages bis 2025 unter stetiger
Erklärungsnot und Dauerdruck. Ein Sieg im deutschen Clásico wäre nach zuletzt
vier Erfolgen am Stück auch ein persönlicher Befreiungsschlag. "Wir dürfen uns
nur wenig Ausrutscher leisten - unabhängig von der Stärke des Gegners", sagte
der 41-Jährige. Terzic kämpft mit dem BVB um die Champions-League-Qualifikation.
Ein Aus in diesem Rennen könnte auch für ihn berufliche Folgen haben. Allerdings
soll erst der neue Geschäftsführer als Nachfolger von Hans-Joachim Watzke
ernannt werden, der in der Trainerfrage das entscheidende Wort hat.

Eberl: Gibt keinen ultimativen Tag

Im April, wenn die Bayern im Champions-League-Viertelfinale gegen den FC
Arsenal und Borussia Dortmund gegen Atlético Madrid wegweisende Schritte zum
glorreichen Wiedersehen im Finale am 1. Juni in London anstreben, wollen die
Münchner die Trainerfrage klären. "Ohne, dass es den ultimativen Tag gibt. Wenn
es länger dauert, dann dauert es ein bisschen länger", sagte der neue
Sportvorstand Max Eberl bei Sky. Hoeneß fand die Spekulation um den früheren
Bayern-Profi Alonso im BR Fernsehen "zu reduziert auf eine Person".

Tuchel mochte nach dem vorzeitig besiegelten Ende seiner ursprünglich bis
2025 datierten Amtszeit für diesen Sommer lieber nicht sagen, was denn einen
guten Bayern-Trainer ausmache. Der 50-Jährige verkündete lieber, dass
Superstürmer Kane nach seinen Sprunggelenkproblemen für das Duell mit dem
langjährigen Rivalen einsatzbereit ist. Der mit einem Muskelfaserriss von der
Nationalmannschaft abgereiste Kapitän Manuel Neuer muss dagegen wie zu Beginn
der Saison von Sven Ulreich vertreten werden. Auch der zuletzt starke und nicht
zum Nationalteam gereiste Aleksandar Pavlovic fehlt gegen den BVB ebenso wie die
verletzten Raphaël Guerreiro und Sacha Boey. Dortmund muss ohne Stammtorhüter
Gregor Kobel auskommen.

"Die Welt schaut nach München"

Zehn Punkte beträgt der Rückstand der Münchner auf den durch das
Alonso-Signal noch einmal gepushten Spitzenreiter aus Leverkusen. Dortmund steht
als Tabellenvierter mit einem Punkt Vorsprung auf Leipzig im Kampf um die
Champions-League-Qualifikation unter Druck. Das Gipfeltreffen ohne Chance aufs
Gipfelkreuz birgt also genügend sportlichen Reiz. "Die Welt schaut nach
München", ist sich Rekordnationalspieler Lothar Matthäus sicher.

In der Trainerfrage sieht der 63-Jährige "eine Lotterie". Auch wilde
Spekulationen wie die von Zinedine Zidane mit dem früheren Publikumsliebling
Franck Ribéry als Assistent waren schon im Lostopf. "Ralf Rangnick wäre meiner
Meinung nach ein guter Kandidat. Seine Art Fußball spielen zu lassen, würde
passen. Seine Mannschaften spielen einen attraktiven Fußball. Allerdings ist er
ein Trainer, der sich nicht gerne reinreden lässt", sagte der Sky-Experte
Matthäus der Deutschen Presse-Agentur. Im österreichischen Verband baute man
zuletzt schon einmal vor und verwies auf die Identifikation des 65-jährigen
Rangnick mit der Nationalelf. Zudem wäre ein Start im Sommer durch die EM
herausfordernd.

"Emotionales und aufgeladenes Spiel"

Eberl wollte grundsätzlich "nicht auf einzelne Namen eingehen", wie der
50-Jährige sagte. In Leverkusen passe es aber "wie Arsch auf Eimer". Eberl freut
sich auf "das Topspiel gegen Borussia Dortmund. Auch wenn es vermeintlich nicht
um die Meisterschaft geht." Das ändert auch für den früheren BVB-Coach Tuchel
nichts daran, dass er ein packendes Duell erwartet: "Spätestens bei der Einfahrt
ins Stadion wird es sich ziemlich normal anfühlen, so wie immer: Ein emotionales
Spiel, ein sehr wichtiges Spiel, ein aufgeladenes Spiel und ein wichtiges Spiel
in der Bundesliga mit großer Rivalität und Historie."/kun/DP/he

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH