01.05.2024 10:45:04 - dpa-AFX: HINTERGRUND: Wie es im Milliarden-Streit DAZN/DFL weitergeht

BONN (dpa-AFX) - Der seit Tagen tobende Milliarden-Streit zwischen der
Deutschen Fußball Liga (DFL) und dem Internet-Sender DAZN wird nach der jüngsten
Eskalation jetzt juristisch geklärt. DAZN hat nach eigenen Angaben die Deutsche
Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) eingeschaltet. Das bestätigten ein
Sprecher des weltweit tätigen Unternehmens mit Sitz in London und die DFL am
Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Nach heftigen Attacken und gegenseitigen
Vorwürfen soll damit eine Klärung in der Auseinandersetzung um TV-Rechte der
Fußball-Bundesliga herbeigeführt werden.

Worum geht es in dem Streit?

DAZN und DFL streiten um den ersten Tag der Auktion und um eine
Bankbürgschaft. Die zunehmend schärfere Auseinandersetzung war ausgebrochen,
nachdem die DFL nach dpa-Informationen vor zwei Wochen das TV-Rechte-Paket B für
die Spielzeiten 2025/26 bis 2028/29 an den Pay-TV-Anbieter Sky vergeben hatte.
Konkurrent DAZN behauptet, die DFL habe damit sein deutlich besseres Angebot
abgelehnt, weil eine kurzfristig verlangte Bankbürgschaft nicht innerhalb eines
Tages zu erlangen war. Die DFL hat nach eigenen Angaben das strittige Paket
rechtmäßig vergeben. Die Angebote von DAZN seien nicht ausschreibungskonform
gewesen, erklärte der Ligaverband. Das Rechte-Paket B ist das größte Paket mit
den Spielen am Samstag um 15.30 Uhr und am Freitagabend sowie den
Relegations-Partien. Es umfasst insgesamt 196 Live-Spiele.

Warum geht der Streit jetzt vor ein Schiedsgericht?

Das ist ein Schritt, der in den Ausschreibungsunterlagen der DFL für einen
Streitfall vorgesehen ist und von allen Bietern akzeptiert wurde. Auch DAZN hat
sich bei der Registrierung für die Auktion der audiovisuellen Medienrechte der
1. und 2. Fußball-Bundesliga dazu verpflichtet, sich bei juristischen
Auseinandersetzungen an die DIS zu wenden. Diesen Schritt hat der Sender nun
vollzogen.

Wie funktioniert ein DIS-Verfahren?

In aller Regel benennen die Streitparteien für das Verfahren jeweils einen
unparteilichen und unabhängigen Schiedsrichter. Diese beiden wiederum wählen
zusammen einen Vorsitzenden Schiedsrichter aus. Das dreiköpfige Schiedsgericht
soll für eine einvernehmliche Beilegung des Streits sorgen. Ist das nicht
möglich, entscheidet es wie ein ordentliches Gericht. Dieser Schiedsspruch hat
unter den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils.

Wie lange dauert die Klärung?

Einen festen Zeitrahmen gibt es nicht. Ein Schiedsverfahren dauert in der
Regel kürzer als ein Verfahren vor staatlichen Gerichten, da es nur in einer
Instanz geführt wird. Mehrere Monate dürfte es sich allerdings hinziehen. Der
DFL-Streit mit Discovery/Eurosport wegen ausbleibender Millionen-Zahlungen hatte
2020 insgesamt fast ein halbes Jahr gedauert.

Was passiert nach dem Urteil?

DAZN hat bereits damit gedroht, in der Auseinandersetzung mit der DFL alle
juristischen Mittel auszuschöpfen. "Der Rechtsweg kann sich über Jahre
hinziehen, beginnend mit einer Klage vor einem Schiedsgericht und möglicherweise
über mehrere Instanzen vor deutschen Zivilgerichten, gegebenenfalls unter
Einbeziehung des Europäischen Gerichtshofs", sagte der Unternehmens-Sprecher.
Allerdings sind DIS-Entscheidungen vor ordentlichen Gerichten nur wegen
formeller Verstöße anfechtbar.

Wie sind die Chancen des Klägers DAZN?

Schwer einzuschätzen, aber eine Bankbürgschaft ist in den
Ausschreibungsunterlagen auf jeden Fall verankert. So steht es in den von allen
Bietern akzeptierten Regeln, wie mehrere Beteiligte der dpa erklärten. Demnach
kann die Liga nur auf Antrag auf die Bankgarantie verzichten. Das hat sie dem
Vernehmen nach bei der bisher letzten Ausschreibung vor vier Jahren bei mehreren
Unternehmen und Sendern getan, auch bei DAZN.

Was sagt die DFL zum Schiedsgerichtsverfahren?

Aktuell will sich die DFL nicht mehr äußern. In der Vorwoche hatte sie
erklärt, dass sie für das Verfahren "gut aufgestellt", sei. "Die DFL erwartet im
Sinne zügiger Prozess- und Rechtssicherheit, die im allseitigen Interesse liegt,
dass alle Beteiligten einen Schiedsspruch als endgültig und abschließend
akzeptieren", hieß es./mrs/DP/jha

--- Michael Rossmann und Florian Gut, dpa ---

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