29.04.2024 16:12:50 - dpa-AFX: Thyssenkrupp-Vorstand weist Vorwürfe von Arbeitnehmervertretern zurück

ESSEN/DUISBURG (dpa-AFX) - Der Vorstand des Industriekonzerns Thyssenkrupp
hat Vorwürfe der Arbeitnehmerseite zurückgewiesen, sie bei der
geplanten Beteiligung von EP Corporate Group (EPCG) an der Stahlsparte
übergangen zu haben. "Dies war zu keinem Zeitpunkt der Fall und ist auch künftig
nicht beabsichtigt", teilte der Mutterkonzern am Montag in Essen mit.

Der Konzern habe in den vergangenen Monaten immer wieder in Gremien und auch öffentlich betont, dass man sich in anhaltenden Gesprächen mit der EPCG befinde,
die auf das klare Ziel einer Partnerschaft ausgerichtet seien. "Zudem ist allen
Beteiligten lange bekannt, dass die Thyssenkrupp AG ein 50/50-Joint-Venture mit
der EP Corporate Group anstrebt", erklärte das Unternehmen. Bei der geplanten
Umstellung der Stahlerzeugung auf klimafreundlichere Herstellungsverfahren soll
EPCG als strategischer Partner seine Kompetenzen als Energiehändler und
-lieferant einbringen.

Vorstand: "Überraschung dürfte sich in Grenzen gehalten haben"

In der vergangenen Woche habe man den Arbeitnehmervertretern signalisiert,
dass sich das Unternehmen mittlerweile in fortgeschrittenen Verhandlungen zur
Beteiligung von EPCG am Stahlgeschäft befinde. "Die Überraschung über
Ergebnisse, die am vergangenen Freitag erreicht worden sind, dürfte sich aus den
genannten Gründen in Grenzen gehalten haben."

Thyssenkrupp hatte am Freitag bekannt gegeben, dass Deutschlands größter
Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel einen Miteigentümer "mit Energieexpertise"
bekommt. Der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky übernimmt mit seiner
Holding EPCG zunächst 20 Prozent, über weitere 30 wird verhandelt. Ziel sei die
Bildung eines Gemeinschaftsunternehmens, an dem beide Partner je 50 Prozent
halten.

IG Metall: "López übergeht Mitbestimmung"

Der stellvertretende Thyssenkrupp Aufsichtsratschef Jürgen Kerner, der auch
IG Metall-Vize ist, hatte am Freitag erklärt, dass die Nachricht vom Einstieg
"überraschend" komme. "Die Mitbestimmung hat nur wenige Stunden vor der
Öffentlichkeit von der Entscheidung erfahren. Das ist kein guter Stil und kein
guter Start", erklärte er. In einem am Samstag veröffentlichten Flugblatt hatte
die IG Metall dann mitgeteilt, dass die Nachricht eingeschlagen sei "wie eine
Bombe". Vorstandschef Miguel López und Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm
hätten die Mitbestimmung "einmal mehr umschifft und uns somit bewusst vor den
Kopf gestoßen". In einer Überschrift stand: "López übergeht Mitbestimmung".

Der Steel-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Tekin Nasikkol wurde in dem
Flugblatt mit den Worten zitiert: "Wir werden von diesen Herren kein Stück weit
mehr informiert, als das Gesetz es vorsieht. Dies ist für einen traditionell
mitbestimmten Konzern wie den unseren mehr als eine Provokation. Es ist eine
kalkulierte Kampfansage."

Thyssenkrupp wiederholte in seiner Mitteilung vom Montag eine Äußerung von
López vom Freitag: "Unser Ziel ist ein Zukunftskonzept, das zu wirtschaftlicher
Selbstständigkeit und unternehmerischem Erfolg von Thyssenkrupp Steel führt, den
Anforderungen des Klimaschutzes entspricht, betriebsbedingte Kündigungen
vermeidet und eine breite Akzeptanz findet." Der Dialog mit allen Gremien und
mit der Arbeitnehmerschaft sei dabei ein ganz entscheidendes Element, hob der
Vorstand hervor. Die angestrebte Erweiterung des Gesellschafterkreises habe
keinerlei Einfluss auf die bestehenden Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge,
unterstrich das Management.

Thyssenkrupp will Dialog "allumfassend" fortsetzen

Die Thyssenkrupp AG werde den Dialog mit den Gremien, mit der
Arbeitnehmerschaft und der Politik, mit Medien sowie der breiten Öffentlichkeit
"allumfassend" fortsetzen. IG Metall und der Steel-Gesamtbetriebsrat haben für
Dienstag (30. April) Thyssenkrupp-Beschäftigte aller Standorte zur Teilnahme an
einer Protest-Kundgebung vor der Steel-Hauptverwaltung in Duisburg aufgerufen.
Auch die Belegschaft des Duisburger Stahlherstellers Hüttenwerke Krupp
Mannesmann (HKM) ist eingeladen. Protestiert werden soll unter dem Motto
"Zukunft statt Kündigung" gegen die "strategische Umgehung der Mitbestimmung".
Erwartet werden über 10 000 Beschäftigte./tob/DP/jha
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
THYSSENKRUPP AG O.N. 750000 Xetra 4,934 16.05.24 15:12:55 +0,007 +0,14% 4,932 4,938 4,950 4,927

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH