KARLSRUHE (dpa-AFX) - Das Bundesverfassungsgericht hat sich am Mittwoch
erneut mit der jüngsten Wahlrechtsreform der Ampel-Regierung beschäftigt. Am
zweiten und letzten Tag der mündlichen Verhandlung ging es in Karlsruhe unter
anderem um die Frage, ob durch die Neuregelung die Unmittelbarkeit und
Gleichheit der Wahl beeinträchtigt wird. Ein Urteil dürfte erst in einigen
Monaten fallen.

Der Bevollmächtigte der bayerischen Staatsregierung, Markus Möstl,
argumentierte vor den Richtern, dass die Regionen im neuen Wahlrecht nicht mehr
angemessen repräsentiert seien. Möstl bezog sich damit auf die Zahl der
Direktmandate, die wegen der Reform drastisch schrumpfen könnten. Für die Sitze
einer Partei im Parlament ist dann allein ihr Zweitstimmenergebnis entscheidend
- auch, wenn sie mehr Direktmandate geholt hat. Dann gehen die Wahlkreisgewinner
mit dem schlechtesten Erststimmenergebnis leer aus. Möstl sagte, diese würden
damit benachteiligt, obwohl sie eine besondere Bindung zu den Menschen in ihrem
Beritt hätten.

Der Grünen-Abgeordnete Til Steffen sagte hingegen, ob ein Abgeordneter über
ein Direktmandat oder über die Liste seiner Partei gewählt werde, mache keinen
Unterschied für die Arbeit im Wahlkreis. Außerdem stünden Direktkandidaten in
der Regel zugleich auch auf der Parteiliste, sagte der FDP-Abgeordnete
Konstantin Kuhle.

Die von der Ampel-Koalition eingeführte Neuregelung ist seit vergangenem
Juni in Kraft und soll erstmals bei der nächsten Bundestagswahl angewendet
werden. Ziel ist, die Größe des Bundestags stark zu reduzieren, indem Überhang-
und Ausgleichsmandate wegfallen. Entscheidend für die Stärke einer Partei im
Parlament ist dann nur ihr Zweitstimmenergebnis. Gegen das Gesetz gehen 195
Mitglieder der Unionsfraktion im Bundestag, die bayerische Staatsregierung, die
Linke-Bundestagsfraktion sowie die Parteien CSU und Linke vor. Eine
Verfassungsbeschwerde haben auch mehr als 4000 Privatpersonen
eingereicht./jml/DP/ngu