24.04.2024 15:06:10 - dpa-AFX: HINTERGRUND 2: Was das EU-Lieferkettengesetz bedeutet

(neu: Informationen aus dem Arbeits- und Entwicklungsministerium)

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Nach langem Ringen gibt es einen mehrheitsfähigen
Kompromiss für ein abgeschwächtes europäisches Lieferkettengesetz. Am Mittwoch
hat das EU-Parlament in Straßburg für das Vorhaben gestimmt. Deutschland
unterstützt das Vorhaben zwar nicht, muss es aber trotzdem umsetzen.

Was ist das Ziel des EU-Lieferkettengesetzes?

Das EU-Lieferkettengesetz zielt darauf ab, Menschenrechte weltweit zu
stärken. Große Unternehmen sollen zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn
sie von Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren.
Sie sollen zudem Berichte erstellen, inwiefern ihr Geschäftsmodell mit dem Ziel
vereinbar ist, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen
Zeit zu begrenzen.

Betroffene Unternehmen müssen nach Angaben des Parlaments etwa vertragliche
Zusicherungen ihrer Zulieferer einholen. "Auch müssen sie wenn nötig kleine und
mittlere Unternehmen, mit denen sie Geschäfte machen, unterstützen, damit diese
den neuen Verpflichtungen nachkommen können", so die Mitteilung.

Wie wurde das Gesetz im Verhandlungsprozess abgeschwächt?

Ursprünglich sah ein Kompromiss von Unterhändlern der EU-Staaten und des
Europaparlaments vor, dass Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und
mindestens 150 Millionen Euro Umsatz von den Vorgaben betroffen sind. Diese
Grenze wurde jedoch auf 1000 Beschäftigte und 450 Millionen Euro angehoben, nach
einer Übergangsfrist von fünf Jahren. Nach drei Jahren sollen die Vorgaben
zunächst für Firmen mit mehr als 5000 Beschäftigten und mehr als 1,5 Milliarden
Euro Umsatz weltweit gelten, nach vier Jahren sinken diese Grenzen dann auf 4000
Mitarbeitende und 900 Millionen Umsatz.

Inwiefern unterscheiden sich das europäische und das deutsche
Lieferkettengesetz?

Einer der größten Unterschiede ist die Haftbarkeit. So ist im deutschen
Gesetz ausgeschlossen, dass Unternehmen für Sorgfaltspflichtverletzungen haftbar
sind. Die EU-Variante lässt dies zu. Darüber hinaus gilt das deutsche
Lieferkettengesetz für Unternehmen mit 1000 oder mehr Mitarbeitenden. In den
kommenden Jahren sind von der deutschen Version also mehr Unternehmen betroffen
als von der EU-Variante.

Was passiert bei Verstößen gegen das Gesetz?

Die EU-Staaten sollen eine Aufsichtsbehörde benennen, die den Unternehmen
auf die Finger guckt. Diese soll auch Strafen gegen Unternehmen verhängen
können, wenn diese sich nicht an die Vorschriften halten. Es können Geldstrafen
von bis zu 5 Prozent des weltweiten Nettoumsatzes eines Unternehmens fällig
werden.

Wie sehen Wirtschaftsexperten das Vorhaben?

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sieht das Vorhaben trotz
der Änderungen kritisch. Diese seien aus Sicht der Wirtschaft zwar positiv zu
bewerten aber "auch leicht abgespeckt bleibt die EU-Lieferkettenrichtlinie wenig
praxistauglich und wird viel Bürokratie mit sich bringen", sagte DIHK-Präsident
Peter Adrian. Rechtsunsicherheit bestehe weiter.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hatte hingegen eindringlich für das Vorhaben ausgesprochen.
Deutschland würde ohne eine EU-Version des Gesetzes einen erheblichen
wirtschaftlichen Schaden erleiden, sagte er.

Welche Rolle spielt Deutschland bei der Verhandlung des Gesetzes?

Deutschland hat sich bei der Abstimmung im Ausschuss der ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten enthalten. Dies lag - wie des Öfteren - an Uneinigkeit
innerhalb der Bundesregierung. Wichtige EU-Gesetze werden in Brüssel immer
wieder ohne deutsche Zustimmung verabschiedet. Wenn sich die Bundesregierung auf
keine einheitliche Position einigen kann, schwächt das die Verhandlungsposition
Deutschlands in Brüssel.

In diesem Fall hatte die FDP darauf gedrängt, dass Deutschland dem Gesetz
nicht zustimmt, aus Sorge vor Bürokratie und rechtlichen Risiken für
Unternehmen. Politiker von SPD und Grünen hingegen befürworten das Vorhaben.

Wie geht es weiter?

Die Richtlinie muss nun noch formell von den EU-Staaten auf Minister-Ebene
abgesegnet werden. Das gilt aber als Formsache, denn Mitte März hatte im
Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten eine ausreichende Mehrheit
der EU-Staaten ihre Zustimmung signalisiert. Sobald der Gesetzestext im
Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde, haben die EU-Staaten gut zwei Jahre Zeit,
die neuen Regeln in nationales Recht umzusetzen.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigte an, dass es keine
Doppelbelastung durch das deutsche und das europäische Lieferkettengesetz geben
solle. Gesetzgeberisch werde die Ampel dafür sorgen, dass Bürokratie beschränkt
werde. Das Bundesentwicklungsministerium teilte mit, es werde Unternehmen bei
der Umsetzung des Gesetzes unterstützen. Unter anderem soll es kostenlose
Beratung für Firmen geben./mjm/DP/ngu
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
BAY.MOTOREN WERKE AG ST 519000 Xetra 102,500 03.05.24 17:43:43 +0,550 +0,54% 0,000 0,000 102,550 102,500
MERCEDES-BENZ GRP NA O.N. 710000 Xetra 71,580 03.05.24 17:35:08 +0,670 +0,94% 0,000 0,000 71,580 71,580
PUMA SE 696960 Xetra 44,770 03.05.24 17:35:25 +1,970 +4,60% 0,000 0,000 43,090 44,770
VOLKSWAGEN AG VZO O.N. 766403 Xetra 115,500 03.05.24 17:35:00 +1,150 +1,01% 0,000 0,000 115,350 115,500
ADIDAS AG NA O.N. A1EWWW Xetra 225,000 03.05.24 17:36:07 +1,000 +0,45% 0,000 0,000 226,100 225,000

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