29.03.2024 13:03:31 - dpa-AFX: Hafer bei Verbrauchern gefragt - bei Landwirten unbeliebt

MÜNCHEN/BERLIN (dpa-AFX) - Deutschlands Landwirte bauen immer weniger Hafer
an - und zugleich steigt der Bedarf bei den heimischen Mühlen. Es sei in
Deutschland nicht annähernd die Menge an für die Lebensmittelherstellung
geeignetem Hafer geerntet worden, die die Mühlen benötigten, "um die stark
gestiegene Nachfrage zu bedienen", sagte eine Sprecherin des Verbandes der
Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft (VGMS).

Die deutschen Hafermühlen haben im Jahr 2023 nach Verbandsangaben etwa 675
000 Tonnen Hafer verarbeitet. 2008 waren es noch 290 000 Tonnen gewesen. Denn:
Hafer ist gefragt bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern - als Zutat fürs
Müsli etwa, als Brei (Porridge), als Haferdrink, einer veganen Alternative zur
Kuhmilch. Der hierzulande verarbeitete Hafer kommt zu einem guten Teil aus dem
europäischen Ausland, vor allem aus Polen, Tschechien und Skandinavien.

Haferanbau geht zurück

Denn in Deutschland ist die Anbaufläche in den vergangenen Jahren stetig
zurückgegangen, zumal Hafer sowieso schon ein Nischenprodukt im Ackerbau ist:
2021 wurden laut Bundesamt für Statistik auf 177 300 Hektar Hafer ausgesät, ein
Jahr darauf waren es 160 100 und im Vorjahr nur noch 139 500. Zum Vergleich:
Weizen wuchs auf knapp drei Millionen Hektar.

Die Hafermühlen bekunden laut Verband großes Interesse an Hafer aus
Deutschland. Die Vermarktungsmöglichkeiten seien besser denn je. "Es finden
regelmäßig Gespräche zwischen Züchtung, Hafermüllerei und Landwirtschaft statt",
sagte die Sprecherin. Die Schälmühlen werben auch mit ackerbaulichen Argumenten
um die Gunst der Landwirtinnen und Landwirte: Gerade in der Fruchtfolge sei
Hafer sinnvoll einsetzbar. Er trage zu Schonung und Regeneration des Bodens bei,
wirke Unkrautbildung und Pflanzenkrankheiten entgegen und brauche nur wenig
Dünge- und Pflanzenschutzmittel.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) verwies auf die vergleichsweise niedrigen
Preise, die für Hafer an die Landwirte gezahlt werden. "Der Preis für Hafer in
Deutschland ist meist deutlich geringer als für andere Getreidearten, daher
werden diese dann gegenüber dem Hafer im Anbau bevorzugt", sagte Katharina
Geiger, Fachreferentin Ackerbau.

Natürlich reize die Landwirte die gute Nachfrage nach Hafer für die
Verarbeitung, "allerdings muss eben auch der Preis stimmen". Leider steige der
Preis nicht so, dass Hafer gut mit anderen Getreidearten konkurrieren könne.

Logistik-Probleme mit dem Hafer

Ein anderes Problem: Die Lager-Infrastruktur für Getreide in Deutschland ist nicht mehr auf die im Vergleich zu anderen Getreidearten geringen Erntemengen
ausgelegt. Es gebe meist nur noch große Lagerhäuser, die große Mengen gängiger
Getreidesorten umschlagen und keine Technik für die kleineren Hafermengen
hätten, sagte Johann Meierhöfer, DBV-Fachbereichsleiter Pflanzliche Produktion.
Hierzu gäbe es aber derzeit Gespräche zwischen den beteiligten Akteuren.

Das Bundesland mit der größten Hafer-Anbaufläche ist Bayern. Auch hier sank
die Anbaufläche von 2022 auf 2023 um knapp 13 Prozent auf 25 200 Hektar. Dabei
sei Hafer eigentlich eine "super" Kultur, sagte Anton Huber, Experte für
Getreide und Ölsaaten beim Bayerischen Bauernverband (BBV): "In den vergangenen
Jahren fehlte es leider an der Wertschöpfung, und auch die Frühjahrstrockenheit
der vergangenen Jahre hat dem Anbau geschadet." Damit es zu einer Trendwende
kommen kann, sei auch der Verbraucher gefragt. "Wichtig ist, dass auch beim
Einkauf von Haferdrinks auf Regionalität geachtet wird, sonst ist es mit
Nachhaltigkeit, die man den Drinks zuspricht, gleich vorbei." Bei stabileren
Preise und mehr regionaler Verarbeitung würden auch mehr Landwirte auf den
Haferanbau setzen, zeigte sich Huber überzeugt./zk/DP/he

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