28.03.2024 11:50:13 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP: Tote bei Angriffen auf Hisbollah-Ziele - Raketen auf Israel

BEIRUT/JERUSALEM (dpa-AFX) - Die Gefechte zwischen Israel und der
libanesischen Hisbollah-Miliz werden immer härter. Bei zwei israelischen
Luftangriffen wurden am Mittwochabend nach libanesischen Angaben mindestens neun
Menschen getötet. Israels Armee teilte mit, Kampfjets hätten in Tajir Harfa eine
Terrorzelle in einer Militäreinrichtung der libanesischen Schiitenmiliz
Hisbollah getroffen. Eine weitere Zelle sei in der Nähe von Nakura beschossen
worden. Die Hisbollah setzte wiederum in der Nacht zum Donnerstag und am Morgen
ihre Raketenangriffe auf israelische Grenzorte fort. Am Mittwoch war bei einem
solchen Angriff ein 25 Jahre alter Israeli getötet worden.

Unterdessen laufen nach Angaben der US-Regierung Bemühungen, einen neuen
Termin für einen Besuch einer israelischen Delegation in Washington zu
finden."Wir arbeiten daran, einen Termin festzulegen", sagte die Sprecherin des
Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, am Mittwoch. Das Büro von Israels
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe zugestimmt, das Treffen neu
anzusetzen. Auf Anfrage erklärte Netanjahus Büro, der Regierungschef habe die
Abreise der Delegation nicht genehmigt. Dass Gespräche dazu geführt werden,
wurde aber nicht dementiert.

Mit einer völkerrechtlich bindenden Resolution hatte der Weltsicherheitsrat
am Montag erstmals seit Kriegsbeginn eine "sofortige Waffenruhe" im Gazastreifen
gefordert. Zudem verlangte das UN-Gremium die umgehende und bedingungslose
Freilassung aller von der Hamas festgehaltenen Geiseln. Die USA verzichteten bei
der Abstimmung auf ihr Vetorecht und verhalfen der Resolution, die den
internationalen Druck auf Israel erhöht, dadurch zum Erfolg. Netanjahu sagte im
Anschluss umgehend den geplanten Besuch einer israelischen Delegation in
Washington ab. Der Schritt des israelischen Regierungschefs wurde weithin als
erboste Reaktion auf das Abstimmungsverhalten der Amerikaner gewertet.

Netanjahu: Absage war Signal an Hamas

Offiziell begründete Netanjahu die Absage des Besuchs am Mittwoch damit,
eine Botschaft an die Hamas senden zu wollen. Die Islamistenorganisation sei
nach der jüngsten Resolution des Weltsicherheitsrats überzeugt davon, dass
internationaler Druck Israel daran hindern werde, die Geiseln zu befreien und
die Hamas im Gazastreifen zu zerstören, sagte Netanjahu nach Angaben seines
Büros. Er habe den Islamisten mit dem Schritt zeigen wollen, dass sie sich nicht
auf diesen Druck verlassen sollten. Dies werde nicht funktionieren. "Ich hoffe,
sie haben die Botschaft verstanden", sagte er.

Bei dem geplanten Besuch einer ranghohen israelischen Delegation wollten
Regierungsvertreter der USA den Israelis Alternativen zu einer von Washington
abgelehnten Bodenoffensive in der Stadt Rafah im Süden Gazas vorlegen. Sobald es
einen neuen Besuchstermin gebe, werde dieser öffentlich mitgeteilt, sagte
Jean-Pierre nun.

Israels Militär: 200 Terroristen in Schifa-Krankenhaus getötet

Die heftigen Kämpfe im Bereich des Schifa-Krankenhauses in Gaza gehen nach
Angaben der israelischen Armee weiter. "Rund 200 Terroristen sind im Bereich des
Krankenhauses seit Beginn der Aktivität ausgeschaltet worden", teilte das
Militär am Donnerstag mit. In den letzten 24 Stunden hätten "Terroristen von dem
Notfallmedizin-Gebäude des Schifa-Krankenhauses aus und von außerhalb auf
israelische Truppen geschossen".

Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde teilte am Donnerstag mit, binnen 24 Stunden seien 62 Palästinenser im Gazastreifen getötet und 91 weitere
verletzt worden. Damit sei die Zahl der seit Kriegsbeginn vor einem halben Jahr
getöteten Palästinenser in dem Küstenstreifen auf 32 552 gestiegen, die Zahl der
seitdem Verletzten betrage fast 75 000. Diese Angaben ließen sich zunächst nicht
unabhängig überprüfen.

Kirchenoberhäupter in Jerusalem fordern zu Ostern Waffenruhe

Die Kirchenoberhäupter in Jerusalem haben unterdessen in ihrer
Osterbotschaft zu einer sofortigen und anhaltenden Waffenruhe im Gaza-Krieg
aufgerufen. In der am Mittwoch veröffentlichten Botschaft war die Rede von
"intensivem Leid, das uns hier im Heiligen Land umgibt". Man verurteile "alle
gewaltsamen Taten in dem gegenwärtigen verheerenden Krieg, vor allem jene, die
sich gegen unschuldige Zivilisten richten". Die Kirchenoberhäupter riefen zur
raschen Verteilung humanitärer Hilfe in Gaza, der "Freilassung aller Gefangenen"
und zu uneingeschränktem Zugang ärztlicher Teams zu Kranken und Verletzten auf.

Sie forderten außerdem die Aufnahme von Verhandlungen mit internationaler
Hilfe zur "Beendigung und Überwindung des gegenwärtigen Gewaltkreislaufs". Nur
so könne "eine umfassende Lösung für einen gerechten und dauerhaften Frieden
hier in dem Land vorangebracht werden, in dem unser Herr sein Leben geopfert
hat". Am Karfreitag tragen Christen in Jerusalem traditionell bei einer
Prozession auf der Via Dolorosa (deutsch: Leidensweg) Kreuze aus Holz, während
sie zur Grabeskirche gehen, wo Jesus nach dem Glauben vieler Christen gekreuzigt
und begraben wurde und von den Toten auferstanden ist. In diesem Jahr fällt
Ostern mit dem muslimischen Fastenmonat Ramadan zusammen.

Militärischer Hamas-Arm ruft zu Marsch auf Jerusalem auf

Unterdessen veröffentlichte der militärische Arm der Hamas am Mittwoch eine
Botschaft, mit der Muslime auf der ganzen Welt zur "Befreiung" der
Al-Aksa-Moschee in Jerusalem aufgerufen werden. Darauf soll die Stimme des
Anführers Mohammed Deif zu hören sein. Weder die Authentizität noch das genaue
Datum der Aufnahme, die im Telegram-Kanal der Al-Aksa-Brigaden veröffentlicht
wurde, ließen sich zunächst klären. Muslime in verschiedenen arabischen Ländern
wurden darin aufgerufen, "in Richtung Palästinas zu marschieren, jetzt, nicht
morgen". Sie sollten sich nicht von Grenzen, Staatsgebilden und Restriktionen
daran hindern lassen, "an der Befreiung von Al-Aksa teilzunehmen", hieß es in
der 35 Sekunden langen Aufnahme.

Deif gilt gemeinsam mit dem Hamas-Chef im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar, als Planer des beispiellosen Massakers in Israel am 7. Oktober. In einer seltenen
Botschaft hatte Deif an jenem Tag eine "Militäroperation" gegen Israel
angekündigt.

Die Al-Aksa-Moschee steht auf dem Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) in
Jerusalem, der drittheiligsten Stätte im Islam. Die Anlage ist aber auch Juden
heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Zehntausende von Muslimen
beten dort während des Fastenmonats Ramadan. Es war befürchtet worden, dass es
dabei wegen des Gaza-Kriegs zu neuer Gewalt kommen könnte. Die Hamas hatte zu
Protesten aufgerufen. Bisher verliefen die Gebete aber weitgehend
friedlich./ln/DP/ngu

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