23.12.2024 22:09:28 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP 2: Biden wandelt 37 Todesurteile in Haftstrafen um
(Aktualisierung: Reaktion Trump 5. Absatz)
WASHINGTON (dpa-AFX) - Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit wandelt
US-Präsident Joe Biden die Todesurteile Dutzender Personen in lebenslange
Haftstrafen ohne Bewährung um. Das Weiße Haus veröffentlichte die Namen der 37
nach Bundesrecht verurteilten Betroffenen, über die sich Biden als erklärter
Gegner der Todesstrafe wie folgt äußerte: "Täuschen Sie sich nicht: Ich
verurteile diese Mörder, trauere um die Opfer ihrer verabscheuungswürdigen Taten
und leide mit all den Familien, die einen unvorstellbaren und endgültigen
Verlust erlitten haben."
Dass er sich trotzdem so entschieden habe, begründete der 82 Jahre alte
Demokrat mit seinem Gewissen sowie seinen Erfahrungen als Pflichtverteidiger und
Politiker.
Moratorium dürfte unter Trump enden
"Ich bin mehr denn je davon überzeugt, dass wir die Anwendung der
Todesstrafe auf Bundesebene beenden müssen", betonte Biden. Unter seiner Ägide
galt seit Juli 2021 ein Moratorium für Hinrichtungen auf Bundesebene.
In den Bundesstaaten verurteilte Todeskandidaten kann der Präsident nicht
begnadigen. Nach Angaben des Death Penalty Information Center sitzen derzeit
mehr als 2.000 Menschen in den Todestrakten von US-Gefängnissen. Drei der
insgesamt 40 auf Bundesebene zum Tode verurteilten Häftlinge hat Biden explizit
von der Umwandlung ihrer Strafen ausgeschlossen - nämlich solche, die wegen
Terrorismus oder durch Hass motivierte Massenmorde verurteilt wurden, darunter
der überlebende Boston-Marathon-Attentäter Dschochar Zarnajew.
"Ich kann nicht tatenlos zusehen, wie eine neue Regierung Hinrichtungen
wieder aufnimmt, die ich ausgesetzt habe", erklärte Biden. Sein Nachfolger
Donald Trump, der am 20. Januar das Amt übernehmen wird, ist ein entschiedener
Befürworter der Todesstrafe. Es wird angenommen, dass der Republikaner Bidens
Moratorium beenden wird. Trumps Sprecher bezeichnete Bidens Entscheidung als
"abscheulich". Sie sei ein Schlag ins Gesicht der Opfer und ihrer Angehörigen.
Trump hatte sich im Wahlkampf unter anderem für die Hinrichtung von
Migranten ausgesprochen, die US-Bürger oder Polizisten getötet haben. In den
letzten sieben Monaten seiner ersten Amtszeit ließ Trump 13 Hinrichtungen auf
Bundesebene vollstrecken - so viele wie kein US-Präsident seit Jahrzehnten.
Haltung zur Todesstrafe ändert sich
Die Todesstrafe ist in den USA noch auf Bundesebene, beim Militär und in 27
Bundesstaaten erlaubt, wird jedoch de facto nicht mehr überall vollstreckt. Zwar
unterstützen die meisten Amerikaner nach wie vor die Todesstrafe für Mörder,
doch ihre knappe Mehrheit in dieser Frage wird kontinuierlich kleiner.
Fortschritte in der Forensik sowie Enthüllungen über Justizirrtümer stellen
die vermeintliche Schuld bereits hingerichteter Sträflinge infrage. Gleichzeitig
wird die Diskriminierung im Strafjustizsystem kritisiert - denn Studien zeigen,
dass die Todesstrafe eher verhängt wird, wenn die Opfer weiß sind. Außerdem
erhalten Schwarze bei ähnlichen Verbrechen oft härtere Strafen als Weiße. Auch
die Qualität der Rechtsvertretung spielt eine entscheidende Rolle und führt oft
zu Ungleichheiten.
Große Begnadigungsaktion vor dem Abschied
Vor etwas mehr als einer Woche hatte Biden bereits die Haftstrafen von fast
1.500 Personen auf Bundesebene reduziert und 39 weitere begnadigt - eine
Tradition, der viele US-Präsidenten am Ende ihrer Amtszeit folgen. Besonderes
Aufsehen erregte die Begnadigung seines Sohnes Hunter Biden Anfang Dezember. Der
54-Jährige hatte Steuervergehen eingeräumt und war zudem wegen Verstößen gegen
das Waffenrecht schuldig gesprochen worden./gei/DP/he