28.06.2024 15:05:20 - dpa-AFX: ROUNDUP 3: Biden vermasselt TV-Duell - Debatte über Rückzug aus dem Rennen
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ATLANTA/WASHINGTON (dpa-AFX) - Der schwache Auftritt von US-Präsident Joe
Bidens beim ersten TV-Duell gegen seinen Herausforderer Donald Trump schürt in
der Demokratischen Partei Panik und lässt Rufe nach seinem Rückzug aus dem
Rennen ums Weiße Haus laut werden. Die Fernsehdebatte galt als Bewährungsprobe
für den 81 Jahre alten Demokraten. Während des Schlagabtauschs verhaspelte sich
der mächtigste Mann der Welt regelmäßig, er sprach undeutlich, leise und mit
rauer Stimme. US-Medien zufolge ließ die Performance Bidens bei Demokraten die
Alarmglocken schrillen. Zwar stellte sich am Freitag noch kein prominenter
Parteikollege öffentlich gegen Biden. Doch das Urteil von Parteistrategen und
Beobachtern über Bidens Leistung fiel einstimmig aus.
Bidens wackliger Auftritt überschattet alles
Biden bewirbt sich bei der Präsidentenwahl Anfang November um eine zweite
Amtszeit. Auch sein Vorgänger, der 78 Jahre alte Trump will für die Republikaner
noch einmal ins Weiße Haus. In Umfragen deutet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen der
beiden an. Ein Dauerthema im Wahlkampf ist das hohe Alter der Kontrahenten.
Eigentlich wollte Biden bei dem rund 90 Minuten langen TV-Duell am
Donnerstagabend (Ortszeit), das die heiße Phase des US-Wahlkampfs einläutet,
zeigen, wie fit er ist. Das ist nun ordentlich misslungen. "Er verlor die
Debatte von Anfang an", hieß es in einem Meinungsstück der "Washington Post".
Auch wenn es noch einige Monate bis zur Wahl seien, sei das TV-Spektakel vor
Millionenpublikum ein Schlag für Biden, der Spuren hinterlassen werde.
Der Schlagabtausch wurde vom Sender CNN in Atlanta im US-Bundesstaat Georgia
ausgerichtet. Biden und Trump durften während des Duells keine Spickzettel
benutzen und mussten frei sprechen. Die Debatte fand ohne Studiopublikum statt.
Das Mikrofon des jeweiligen Präsidentschaftsbewerbers, der gerade nicht sprach,
war stumm geschaltet. Da die politischen Überzeugungen beider Bewerber
weitgehend bekannt sind, ging es bei dem Duell vorrangig darum, wie gut sich
Biden und Trump bei einem direkten Zusammentreffen auf der Bühne schlagen
würden. Trump setzte wie gewohnt auf aggressive Rhetorik und verbreitete bei
vielen Themen Falschbehauptungen. Bidens wackliger Auftritt überschattete dies
allerdings - auch der Demokrat hielt sich nicht immer an die Fakten.
Demokraten in Erklärungsnot
Nach dem Event hatten Anhänger der Demokraten sichtlich Probleme die
Leistung des US-Präsidenten zu verteidigen. "Sein größtes Problem war, dass er
dem amerikanischen Volk beweisen musste, dass er die Energie und Ausdauer hat.
Und das tat er nicht", sagte Kate Bedingfield, die einst unter Biden als
Kommunikationsdirektorin im Weißen Hauses arbeitete. Die "New York Times"
zitierte einen prominenten Spender der Demokratischen Partei, Mark Buell, mit
deutlichen Worten. Er fordere zwar noch nicht Bidens Rückzug. Aber der Präsident
müsse dringend überlegen, ob er der beste Kandidat sei, so Buell. Unter dem
Deckmantel der Anonymität wurden einige Demokraten noch deutlicher. "Eine
Katastrophe", urteilte ein demokratischer Abgeordneter dem CNN zufolge über den
Auftritt.
Nach der Debatte richteten sich die Augen auch auf mögliche Alternativen zu
Biden. Der Gouverneur des US-Bundesstaats Kalifornien, Gavin Newsom, dem selbst
Präsidentschaftsambitionen nachgesagt werden, stellte sich öffentlich hinter
Biden. "Ich werde Präsident Biden nie den Rücken kehren", sagte er. Die
unpopuläre Vize-Präsidentin Kamala Harris wurde in einem TV-Interview wegen
Bidens Performance gegrillt - und gestand schließlich ein, dass ihr Chef einen
"holprigen Start" gehabt habe. Andere prominente Demokraten, die sich offen zu
Wort meldeten, betonten, dass Biden der Kandidat der Partei sein werde und
versuchten, den Auftritt herunterzuspielen.
Persönliche Attacken
Bei dem TV-Spektakel wurden Biden und Trump von den Moderatoren zu einer
Palette von Themen befragt. Die beiden Politiker standen Rede und Antwort zu
Wirtschaftspolitik, Abtreibung, Migration und mussten sich auch zu
internationalen Krisen wie dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine oder dem
Nahost-Konflikt äußern. Biden wurde dabei oft persönlich und beleidigte seinen
Kontrahenten - dies verfing allerdings kaum, weil sich der 81-Jährige ständig
verhaspelte oder undeutlich sprach. "Ich habe Halsweh", sagte er nach der
Debatte auf die Frage, ob er krank sei.
Auch Trump ging Biden hart an und warf ihm vor, nicht für das Präsidentenamt
geeignet zu sein. "Er ist, ohne Frage, der schlechteste Präsident (...) in der
Geschichte unseres Landes", schimpfte er. Außerdem nannte er den Demokraten
regelmäßig abwertend "Joe" - die korrekte Anrede wäre "Präsident" gewesen. Trump
relativierte erneut seine Rolle beim Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021.
Der Republikaner hatte damals seine Anhänger aufgewiegelt, weil er seine
Wahlniederlage nicht akzeptieren wollte. Diese stürmten daraufhin den
US-Kongress. Der Republikaner wollte sich auch nicht darauf festlegen, ob er den
Ausgang der Wahl im November akzeptieren wird.
Trump zeichnete neuerlich ein düsteres Bild der Vereinigten Staaten und
präsentierte sich als einzige Rettung. Er vermied es allerdings, wie sonst
üblich, in lange Monologe voller Selbstmitleid zu verfallen. Trumps
Wahlkampfteam feierte den Republikaner für seinen Auftritt und veröffentlichte
nach der Debatte ein Wahlkampfvideo, in dem Trump selbst kein Wort sagt.
Stattdessen handelte es sich um einen Zusammenschnitt von Bidens schlimmsten
Momenten während der Debatte./jac/DP/mis