25.06.2024 19:24:28 - dpa-AFX: POLITIK: Spaniens Sozialisten und Konservative beenden Streit über Justizposten

MADRID (dpa-AFX) - Nach gut fünf Jahren Streit haben sich Spaniens
regierende Sozialisten und die größte Oppositionspartei, die konservative
Volkspartei PP, unter Vermittlung der EU auf die Neubesetzung wichtiger
Justizposten geeinigt. Die Vereinbarung erzielten Spaniens sozialistischer
Justizminister Félix Bolaños und der konservative EU-Abgeordnete Esteban
González Pons mit Unterstützung von EU-Kommissions-Vizepräsidentin Vera Jourová
am Dienstag in Brüssel. "Es ist ein großer Tag für unsere Demokratie und für
unseren Rechtsstaat", sagte Bolaños in Brüssel vor Journalisten.

Wegen der Blockade war der Generalrat der Justiz (CGPJ) seit 2018 nur noch
geschäftsführend im Amt und viele Justizposten konnten nicht besetzt werden. Nun
einigten sich beide Parteien auf eine Namensliste der künftigen Mitglieder des
CGPJ, wie der staatliche TV-Sender RTVE berichtete.

Die Einigung kam nur kurz vor Ablauf eines Ultimatums, das Regierungschef
Pedro Sánchez der PP gestellt hatte. Hätte es bis Sonntag keine Einigung
gegeben, wollte die Regierung ein Gesetz einbringen, das dem nur noch
geschäftsführend amtierenden CGPJ die Kompetenz zur Ernennung von Richtern der
Obersten Gerichte entzogen hätte.

Bei dem Justizstreit ging es um die Überwindung der Blockade bei der
personellen Erneuerung des CGPJ. Die EU hatte Spanien wiederholt aufgerufen, den
Streit zügig beizulegen. Der CGPJ ist ein Justiz-Kontrollrat und ernennt unter
anderem die Richter der obersten Gerichte. Er darf auch zwei Mitglieder des
Verfassungsgerichts wählen. In dem Kontrollrat stellen Konservative seit den
Zeiten, als die PP an der Macht war, die Mehrheit. 2018 verlor die Volkspartei
die Regierungsmacht und musste in die Opposition. Seither versuchte sie, die
konservative Mehrheit im CGPJ zu erhalten.

Wie von der EU-Kommission in ihrem Bericht über die Rechtsstaatlichkeit in
Spanien für die Jahre 2022 und 2023 empfohlen, beinhaltet die Einigung die
Entscheidung, die sofortige Erneuerung des Generalrats der Justiz voranzutreiben
und einen Vorschlag für ein Organgesetz vorzulegen, um die Unabhängigkeit der
Justiz zu stärken, und schließlich einen neuen Richter am Verfassungsgericht zu
ernennen. Dies solle bei einer Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses im Juli
gebilligt werden.

Die Zwölf der 20 Mitglieder des CGPJ werden von den Richtern vorgeschlagen
und müssen vom Parlament mit einer Mehrheit von 60 Prozent der Abgeordneten
bestätigt werden, die restlichen acht werden ohne Zutun der Richter direkt vom
Parlament gewählt. Dieses Verfahren gibt politischen Parteien erheblichen
Einfluss auf die Justiz./ro/DP/he

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