23.06.2024 14:53:53 - dpa-AFX: Der Kormoran beschäftigt nun die Bundespolitik

BERLIN/LANGENARGEN (dpa-AFX) - Der als Fischräuber gefürchtete Kormoran wird
zum Thema für die Politiker im Bundestag. Auf Antrag der CDU/CSU-Fraktion findet
an diesem Mittwoch eine öffentliche Anhörung im Bundestagsausschuss für Umwelt
dazu statt, bei der auch der Chef der Fischereiforschungsstelle, Alexander
Brinker, sprechen soll. Gefordert wird ein umfassendes Kormoran-Management, das
den geschützten Jagdvogel stoppen soll. Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU)
und CSU-Kollege Alexander Dobrindt stehen unter dem Antrag. Die Initiative
stammt aber vom Bodensee.

Fangeinbußen bei Fischern am Bodensee

"Der Kormoran ist schon längst keine gefährdete Art mehr hierzulande",
erklärte der Initiator, der CDU-Bundestagsabgeordnete Volker Mayer-Lay, der aus
Überlingen am Bodensee stammt. Der Vogel habe sich in den letzten Jahren rasant
vermehrt und sei so zur landesweiten Plage geworden. Bodenseefischer würden über
Fangeinbußen klagen. Teichwirte und Gastronomen aus seinem Wahlkreis am Bodensee
hätten ihn auch auf das Problem aufmerksam gemacht. "Deren Hilfegesuch nahm ich
zum Anlass, auf Bundesebene die Initiative zu ergreifen."

Gut ein halbes Kilo Fisch können die dunklen Zugvögel laut Experten am Tag
verspeisen. Diskutiert wird schon lange ein sogenanntes Kormoran-Management, das
rund um den Bodensee gelten könnte. Wie genau dem Vogel Einhalt geboten werden
soll, das ist auch nach einem fast einjährigen Dialogprozess mit 70
Einzelgesprächen, vier ganztägigen Foren und mehr als 80 Konsensformulierungen
noch nicht klar.

Auch Ostseefischer unzufrieden

Der Kormoran ist nicht nur in Süddeutschland ein Thema. Die FDP hatte es
Anfang dieses Jahres in Mecklenburg-Vorpommern versucht. Der Verband der
Binnenfischer hatte dort auch eine Abschussprämie ins Gespräch gebracht. "Wir
haben die teilweise absurde Situation, dass in der Ostsee inzwischen mehr
Dorsche von Kormoranen gefressen als von Berufsfischern gefangen werden", hatte
der Präsident des Deutschen Fischerei-Verbandes, Gero Hocker, am Rande des
Deutschen Fischereitags im vergangenen Herbst berichtet. Das Problem: Der
Jagdvogel ist eine EU-weit geschützte Art. Doch die Zahl der Kormorane steigt
laut Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg immer weiter an.

Das sagen Naturschützer

Naturschützer sind gegen einen systematischen Abschuss oder andere
"Vergrämungsmaßnahmen". Eine Abnahme des Bestands würde den Fischern nicht
nützen, sondern nur den Vögeln schaden, sagte etwa Eberhard Klein vom Nabu in
Konstanz. Es gebe schon ein Kormoran-Management, seit mehr als 20 Jahren würden
die Jagdvögel am Bodensee geschossen. "Wie wir an den Klagen der Fischer sehen
können: Es nützt nichts", betonte er. Den Fischern und Fischen gehe es nach wie
vor schlecht. Der Kormoran sei nur ein ganz kleiner Faktor. Vor allem die
Erwärmung des Gewässers und eingewanderte Arten seien verantwortlich. "Vom
Schießen auf Kormorane wird sich daran nichts ändern", so Klein.

Drohnenabwehr?

Eine andere Idee ist ein sogenanntes Brutmanagement. Drohnen könnten in den
Gebieten, in denen die Vögel in den Baumkronen brüten, zu den Nestern fliegen
und die Eier mit Öl besprühen, um so ein Ausbrüten zu verhindern. Das sei eine
bewährte Methode in anderen Ländern und nur ein kleiner Eingriff in die Natur,
wie Experten erklärten. Es gibt auch Vorschläge, die echten Eier durch Gips-Eier
auszutauschen. Pilotversuche sollen laut Umweltministerium kommen.

Letztlich sei es eine Frage der Verhältnismäßigkeit, sagte der
Bundestagsabgeordnete Mayer-Lay. Der anhaltende Schutzstatus des Wasservogels
sei angesichts aktueller Bestände von mehr als 20 000 Brutpaaren in Deutschland
überholt./bak/DP/he

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