27.05.2024 11:19:14 - dpa-AFX: Ökonomen-Stimmen zum Ifo-Geschäftsklimaindex

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im
Mai unter dem Strich nicht verändert. Das Ifo-Geschäftsklima lag stabil bei 89,3
Punkten, wie das Ifo-Institut am Montag in München mitteilte. Analysten hatten
dagegen einen Zuwachs auf im Schnitt 90,4 Punkte erwartet. In den Monaten zuvor
war das Stimmungsbarometer dreimal in Folge angestiegen, was in der Regel als
konjunktureller Wendepunkt interpretiert wird. "Die deutsche Wirtschaft arbeitet
sich schrittweise aus der Krise heraus", kommentierte Ifo-Präsident Clemens
Fuest.

So bewerten Volkswirte die Wirtschaftsaussichten nach den Ifo-Daten:

Ulrich Wortberg, Volkswirt Landesbank Hessen-Thüringen:

"Der Ifo-Index enttäuscht mit unverändertem Wert. Die Erholung des
wichtigsten deutschen Konjunkturbarometers hat sich entgegen den Erwartungen
nicht fortgesetzt. Der Index stagniert nach drei Anstiegen in Folge bei 89,3
Punkten. Dies überrascht, denn andere Frühindikatoren, wie die ZEW-Umfrage oder
die Einkaufsmanagerindizes, sind zuletzt gestiegen. Die konjunkturelle
Entwicklung scheint sich nur zögerlich zu verbessern und mit dem enttäuschenden
ifo-Index könnten die Zinssenkungserwartungen bezüglich der Europäischen
Zentralbank größer werden."

Elmar Völker, Analyst Landesbank Baden-Württemberg:

"Nach mehreren positiven Überraschungen seitens der Konjunkturdaten in den
zurückliegenden Wochen ist dies ein leichter Stimmungsdämpfer. Angesichts der
drei zurückliegenden Anstiege stützt die Stagnation des Geschäftsklimas im Mai
zwar den vorsichtigen Optimismus der Bundesbank bezüglich einer fortgesetzten
Erholung der Konjunktur im zweiten Quartal. Die Bäume wachsen aber gleichwohl
nicht in den Himmel. Positiv ist vor allem zu werten, dass die Erwartungen zum
vierten Mal in Folge gestiegen sind."

Andreas Scheuerle, Leiter Industrieländer bei der Dekabank:

"Das war eine Enttäuschung - entgegen den Erwartungen hat sich das Ifo
Geschäftsklima im Mai nicht verbessert. Die deutschen Unternehmen werden zwar
wieder zuversichtlicher, aber nur mit Blick auf die Zukunft. Der Ausbruch aus
der lang währenden Konjunkturschwäche wird aus ihrer Sicht im ersten Halbjahr
nicht mehr gelingen. Dafür ruhen alle - durchaus berechtigten - Hoffnungen auf
dem zweiten Halbjahr, wofür in erster Linie die abklingende Inflation mit ihren
positiven Folgen für die Kaufkraft und die Geldpolitik verantwortlich ist."

Carsten Brzeski, Chefvolkswirt ING Bank:

"Kalte Dusche für Optimisten. Der wichtigste deutsche Frühindikator, der
Ifo-Index, hat gezeigt, dass auf die konjunkturelle Talsohle nicht automatisch
eine kräftige Erholung folgen wird. (...) Mit Blick auf die Zukunft dürfte die
deutsche Wirtschaft trotz der heutigen kalten Dusche weiter an Schwung gewinnen.
Kräftige Lohnzuwächse dürften eine vorsichtige Erholung des privaten Verbrauchs
begünstigen, und auch der Lagerzyklus dürfte allmählich ins Positive drehen.
Diese konjunkturelle Verbesserung bedeutet jedoch nicht, dass in Deutschland
plötzlich wieder alles in Ordnung ist. Es gibt immer noch mehrere konjunkturelle
Faktoren, die die Wirtschaftstätigkeit beeinträchtigen könnten."

Michael Holstein, Chefvolkswirt der DZ Bank:

"Alles in allem hat sich das Stimmungsbild in der deutschen Wirtschaft seit
dem Jahresanfang aber merklich gebessert. Nach dem leichten Wachstum im ersten
Quartal dürfte das Bruttoinlandsprodukt auch im zweiten Quartal leicht
ansteigen. Eine dynamische Erholung ist aber für das Jahr 2024 nicht zu
erwarten. Wir gehen von einem jahresdurchschnittlichen Wachstum von 0,5 Prozent
aus."

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