26.05.2024 14:40:19 - dpa-AFX: VERMISCHTES/Schatz der Karibik: Wrack der Galeone 'San José' wird erforscht

CARTAGENA (dpa-AFX) - Die Galeone "San José" war der ganze Stolz der
spanischen Marine. Der Dreimaster mit 62 Kanonen an Bord führte als Flaggschiff
die Silberflotte auf ihrer Überfahrt von Spanien in die Kolonien in Südamerika
an. Nach einer erbitterten Seeschlacht gegen die Schiffe des britischen Admirals
Charles Wager sank das Schiff 1708 vor der kolumbianischen Küste auf den
Meeresgrund - und mit ihm Gold, Silber und Edelsteine im Milliardenwert.

Das Wrack war 2015 in einer Tiefe von 600 Metern in der Nähe der Halbinsel
Barú geortet worden. Jetzt beginnt Kolumbien mit der systematischen Erforschung
des gesunkenen Schiffes.

In der ersten Phase werden mit ferngesteuerten Sensoren Bilder des Wracks
angefertigt, wie das Kolumbianische Institut für Anthropologie und Geschichte
(ICANH) mitteilte. Damit soll in einer zweiten Phase ein Katalog mit allen
Fundstücken auf dem Meeresgrund erstellt werden. Später könnten auch ein U-Boot
und ferngesteuerte Roboter zum Einsatz kommen, um Filmaufnahmen zu machen, das
Wrack zu vermessen und weitere Daten zu sammeln.

Die "San José" war 1706 als Geleitschutz einer Handelsflotte zunächst vom
spanischen Cádiz nach Cartagena gesegelt. Fast zwei Jahre lag sie in der
kolumbianischen Hafenstadt vor Anker, bis sie 1708 nach Portobelo im heutigen
Panama auslief. Dort nahm die Flotte aus 15 Handelsschiffen und zwei
Kriegsschiffen ihre Ladung auf und kehrte nach Cartagena zurück.

Kurz vor der kolumbianischen Küste wurde die "San José" von vier britischen
Kriegsschiffen gestellt. Wegen des Spanischen Erbfolgekriegs befand sich Spanien
im Kriegszustand mit Großbritannien. In der Seeschlacht von Cartagena wurde die
"San José" getroffen und sank nach einer Explosion in der Pulverkammer auf den
Meeresgrund. Rund 600 Seeleute kamen dabei ums Leben.

Eine Bergung des Wracks oder archäologischer Fundstücke sei derzeit nicht
vorgesehen, teilte das ICANH mit. Zunächst sollen die Daten der ersten
Erkundungsphase ausgewertet werden, dann wird über weitere Schritte beraten. Der
kolumbianische Präsident Gustavo Petro hat allerdings bereits mehrfach gesagt,
er wolle den Schatz heben und in einem neuen Museum in der Hafenstadt Cartagena
ausstellen.

Die kolumbianische Regierung erklärte die Fundstelle nun auch zu einer
geschützten archäologischen Stätte. "Die Erklärung stellt eine einzigartige
Gelegenheit dar, die wissenschaftlichen Herausforderungen der Tiefseeforschung
zu bewältigen", hieß es in einer Mitteilung des Kulturministeriums.
"Insbesondere wird es das Wissen über den transozeanischen Handel, die Anfänge
der Globalisierung und die Silberflotte im frühen 18. Jahrhundert vertiefen und
das Verständnis für den Übergang zwischen den Schiffstechnologien dieser Epoche
fördern."

Möglicherweise will sich Kolumbien mit der Ausweisung der Fundstätte als
archäologisches Schutzgebiet aber auch für künftige juristische
Auseinandersetzungen munitionieren. "Es ist das erste Mal in unserem Land, dass
eine versunkene Kulturstätte zum archäologischen Schutzgebiet erklärt wird",
sagte Kulturminister Juan David Correa. "Das gibt uns rechtliche Mittel und
einen Plan zum Schutz des Gebietes an die Hand." Spanien hat bereits Ansprüche
auf das Wrack angemeldet. Madrid beruft sich auf eine Unesco-Konvention über den
Schutz von Gütern auf dem Meeresgrund. Nach diesem Abkommen gehören gesunkene
Kriegsschiffe dem Staat ihrer Herkunft. Kolumbien hat die Konvention allerdings
nicht unterzeichnet.

Das US-Unternehmen Sea Search Armada, das das Wrack bereits in den 1980er
Jahren geortet haben will, beansprucht die Hälfte des Gewinns. Und auch das
indigene Volk der Qhara Qhara aus Bolivien, dessen Vorfahren einst in den
Silberminen von Potosí schuften mussten, wollen ein Stück vom Kuchen abhaben.

Und der ist beachtlich: Auf ihrer letzten Fahrt hatte die "San José"
Millionen Gold- und Silbermünzen, Smaragde und wertvolles Geschmeide an Bord.
Schätzungen zufolge könnte die Ladung zwischen 3 und 17 Milliarden US-Dollar
wert sein./dde/DP/he

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH