08.05.2024 12:58:13 - dpa-AFX: ROUNDUP 2: Gericht erklärt EU-Genehmigung deutscher Condor-Hilfen für nichtig

(neu: Stellungnahme Condor)

LUXEMBURG (dpa-AFX) - Das Gericht der Europäischen Union hat die Genehmigung der millionenschweren deutschen Hilfen für den Ferienflieger Condor für nichtig
erklärt. Die EU-Kommission hätte ein förmliches Prüfverfahren einleiten müssen,
entschieden die Richter am Mittwoch in Luxemburg. Der deutsche Staat hatte die
Condor 2019 mit einem Kredit der Förderbank KfW gerettet, nachdem der damalige
Mutterkonzern Thomas Cook in die Pleite gerutscht war.

Die Brüsseler Behörde habe nicht ausreichend geprüft, ob Deutschland durch
die Beihilfe ein angemessener Anteil am künftigen Wertgewinn von Condor
zugesichert werde, befanden die Richter. Das wäre aber erforderlich gewesen.

Dass das Gericht die Genehmigung gekippt hat, heißt nicht zwangsläufig, dass die Gesellschaft das Geld sofort zurückzahlen muss. Zum einen kann gegen das
Urteil noch vor dem höchsten europäischen Gericht, dem EuGH, vorgegangen werden.
Außerdem könnte die EU-Kommission unter bestimmten Umständen einen neuen
Beschluss erlassen.

"Das Urteil hat keine Auswirkungen auf die Geschäftslage und den Flugbetrieb von Condor", sagte eine Sprecherin des Unternehmens in Frankfurt. Die Kommission
müsse nun die vom Gericht verlangte vertiefte Prüfung der Beihilfe nachholen.
Bei der Beihilfe sei es um Darlehen gegangen, um den Flugbetrieb von Condor auch
nach der Insolvenz des früheren Mutterkonzerns Thomas Cook fortzusetzen. Für den
Ferienflieger habe stets eine positive Fortführungsprognose bestanden.

Mit Hilfe des 2021 eingestiegenen Finanzinvestors und Mehrheitseigners
Attestor modernisiert Condor aktuell die Flotte. Die Rückzahlung der
Staatshilfen verlaufe nach Plan, betonte die Sprecherin, ohne auf Details
einzugehen. Laut früheren Äußerungen soll die vollständige Übernahme durch
Attestor spätestens 2026 erfolgen. Zunächst ist noch der deutsche Staat mit der
Treuhandgesellschaft "SG Luftfahrtgesellschaft" an Bord.

Mit einer sogenannten Umstrukturierungsbeihilfe wollte Deutschland die
Fluggesellschaft in Form von zwei Abschreibungen in Höhe von 90 und 20,2
Millionen Euro unterstützen, die Teil des im Oktober 2019 gestarteten
Restrukturierungsplans von 321,2 Millionen Euro waren. Die EU-Kommission, die
als oberste Wettbewerbshüterin darauf achtet, dass Unternehmen durch
Staatshilfen keine unfairen Vorteile bekommen, hatte das Vorhaben 2021
genehmigt. Dagegen wehrte sich die irische Fluggesellschaft Ryanair
vor dem Gericht der EU.

Die Richter gaben dem Antrag von Ryanair nun statt - allerdings nur in Bezug auf eine Verletzung der Verfahrensrechte im Rahmen des erforderlichen
Prüfverfahrens. Die Richter stellten klar, dass Ryanair die inhaltliche
Rechtmäßigkeit des Beschlusses nicht beanstanden konnte. Denn die irische
Airline habe nicht nachgewiesen, dass ihre wettbewerbliche Stellung durch die
fragliche Beihilfe spürbar beeinträchtigt werden könne und dass sie vom
Beschluss der Kommission individuell betroffen sei.

Condor wurde in einem Schutzschirmverfahren saniert, und Anfang 2020 stand
mit der LOT-Mutter PGL ein Investor bereit. Doch unmittelbar nach dem Ausbruch
der Corona-Pandemie sprangen die Polen ab - und der deutsche Ferienflieger
benötigte erneut staatliche Hilfe. Condor wandte anschließend die drohende
Insolvenz ab und verließ zum 1. Dezember 2020 das Schutzschirmverfahren. 2021
fand sich dann ein neuer Investor.

Es ist nicht das erste Mal, dass Beihilfen für Condor vor europäischen
Gerichten Thema sind. Ein früherer Beschluss der EU-Kommission zu
Corona-Beihilfen Deutschlands für Condor wurde zunächst durch eine Ryanair-Klage
zu Fall gebracht. Daraufhin genehmigte die Brüsseler Behörde 2021 die
Corona-Hilfen erneut - und mit ihnen auch die Umstrukturierungsbeihilfe, um die
es nun ging. Eine weitere Klage Ryanairs gegen ein 380 Millionen Euro schweres
Rettungsdarlehen für Condor nach der Cook-Insolvenz wurde vom Gericht der EU
jedoch abgewiesen.

Der Fall Condor ist einer von vielen, in denen Ryanair gegen staatliche
Beihilfen für Konkurrenten vorgeht. Bisher hatte die irische Airline in einigen
Fällen Erfolg, in anderen aber nicht. Condor und Ryanair hatten auch schon im
vergangenen Jahr zusammen erfolgreich gegen die deutsche Corona-Finanzspritze
für die Lufthansa geklagt, die die Lufthansa längst zurückgezahlt
hat. In diesem Fall steht ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) noch
aus./rew/DP/stw
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
LUFTHANSA AG VNA O.N. 823212 Frankfurt 6,688 17.05.24 17:51:42 -0,044 -0,65% 0,000 0,000 6,750 6,688
RYANAIR HLDGS PLC EO-,006 A1401Z Frankfurt 19,300 17.05.24 14:09:01 +0,110 +0,57% 0,000 0,000 18,865 19,300

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