25.04.2024 15:53:31 - dpa-AFX: Wissenschaftler starten Lithiumgewinnung in der Lüneburger Heide

EIMKE (dpa-AFX) - Lithium für Elektroautobatterien soll künftig auch in der
Lüneburger Heide abgebaut werden. In Eimke (Landkreis Uelzen) hat die
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) nun begonnen, den
Rohstoff aus Tiefenwasser gewinnen - zunächst nur in kleinen Mengen zu
Forschungszwecken. Der hohe Lithiumgehalt von 192 Milligramm pro Liter sei
vielversprechend, teilte die Behörde am Donnerstag bei einem Vor-Ort-Termin am
Bohrloch Horstberg mit. Nun solle untersucht werden, wie sich der Rohstoff am
besten aus dem Wasser herausfiltern lasse.

"Die BGR führt als erste Forschungseinrichtung überhaupt Versuche zur
Gewinnung von Lithium aus Tiefenfluiden in Norddeutschland durch", erklärt
BGR-Präsident Ralph Watzel. Das Potenzial sei vielversprechend. Für das
Forschungsprojekt wird in einem Bohrloch 150 Grad heißes Wasser aus 3800 Meter
Tiefe an die Oberfläche geholt. In dem Projekt wollen die Wissenschaftler nun
untersuchen, wie effektiv sich das Lithium aus dem Tiefenwasser herauslösen
lässt und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen.

Rohstoff für bis zu 10 000 E-Auto-Batterien pro Jahr

Die Menge, die dabei gewonnen wird, ist noch übersichtlich. In dem zunächst
auf drei Wochen angelegten Erprobungsbetrieb werde man am Ende 40 bis 100 Gramm
Lithium gewinnen, sagte Projektleiter André Stechern. "Aber das reicht für die
Laboruntersuchung völlig." Das Potenzial, dass sich mit größeren Anlagen
gewinnen ließe, sei aber gewaltig, fügte Stechern hinzu. "Hier könnte man
ungefähr 250 bis 500 Tonnen Lithiumcarbonat-Äquivalent pro Jahr gewinnen", so
der BGR-Experte. "Das entspricht etwa der Menge, die benötigt wird für 5000 bis
10 000 E-Auto-Batterien."

Alte Gasbohrung wird zur Lithium-Quelle

Für das Vorhaben nutzt die BGR eine alte Bohrstelle einer erfolglosen
Gassuche, die von der Behörde seit 20 Jahren als Forschungsbohrung genutzt wird,
bisher vor allem für die Erforschung der Geothermie. Nun wird hier probeweise
auch Lithium hergestellt.

Ähnliche Projekte laufen am Oberrheingraben. In Landau (Pfalz) ging Ende
2023 eine erste Pilotanlage für Lithiumproduktion aus Tiefenwasser in Betrieb -
als Vorstufe für eine industrielle Nutzung ab 2026. Im sächsischen Erzgebirge
gibt es Pläne, das Lithium dort im klassischen Bergbau direkt aus dem Gestein zu
fördern. Im Norddeutschen Becken von der Ems bis Rostock sei der Lithiumgehalt
aber sogar noch deutlich höher als am Oberrheingraben, erklärte BGR-Präsident
Watzel.

Steigende Nachfrage

Lithium kommt vor allem in Lithium-Ionen-Akkus zum Einsatz, wie sie etwa in
Smartphones und Elektroautos verbaut werden. Wegen der zunehmenden Verbreitung
von Elektroautos erwartet die BGR in den kommenden Jahren einen sprunghaften
Anstieg der Nachfrage. Bisher ist Deutschland hier von Importen abhängig,
wichtigste Lieferländer sind Chile, Australien und China, wo der Stoff im
Bergbau oder in großen Salzseen gewonnen wird.

Mit einer Lithium-Gewinnung in Deutschland lasse sich die Abhängigkeit von
solchen Importen nun vermindern, hofft die BGR. Die Menge, die in Deutschland
insgesamt gewonnen werden könnte, werde aber nicht ausreichen, um den steigenden
Bedarf zu decken. Zusammen mit dem Recycling könnten sie nach Einschätzung der
BGR aber einen wesentlichen Beitrag leisten, um unabhängiger von Importen zu
werden./fjo/DP/zb

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