23.04.2024 17:18:20 - dpa-AFX: Habeck sieht großes Potenzial in CO2-Einlagerung

HANNOVER (dpa-AFX) - Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht großes
Potenzial in der Einlagerung von CO2 unter der Nordsee. "Es ist besser, CO2 im
Boden zu haben als in der Atmosphäre", sagte der Grünen-Politiker am Dienstag
bei einer Veranstaltung auf der Hannover Messe. Daher setze nun auch Deutschland
auf die lange umstrittene Technik. "Es gibt gute Gründe für diesen Umschwung,
und ich denke, das Land wird folgen."

Die Technologie dahinter nennt sich "Carbon Capture and Storage"
(CO2-Abscheidung und -Speicherung), kurz CCS. Die Technik, bei der CO2
abgeschieden und dann unterirdisch eingelagert wird, war in Deutschland lange
umstritten. Frühere Versuche, sie bei Kohlekraftwerken einzusetzen, scheiterten
am Widerstand der Bevölkerung. Inzwischen habe es in der Bundesregierung einen
Meinungswechsel gegeben. "Wir waren skeptisch gegenüber CCS. Aber das haben wir
überwunden", sagte der Vizekanzler. Ein neues Gesetz soll nun den Einsatz in
Deutschland erlauben. Mit einer Beschlussfassung ist Habeck zufolge im Mai zu
rechnen.

Norwegen will CO2-Lager werden

Vor allem Norwegen bietet sich als Standort für die Einlagerung von CO2 auch aus Deutschland an. Bereits seit 1996 wird dort CO2 unter dem Meeresgrund
eingelagert. Die Technik sei erprobt und sicher, sagte Norwegens Energieminister
Terje Aasland. "Das haben wir bewiesen." Und die Lagerkapazitäten dort würden
für 80 Milliarden Tonnen CO2 reichen. "Das entspricht rund 1600 Jahren der
norwegischen CO2-Emissionen auf heutigem Niveau." Dies wolle man nun den anderen
Ländern Europas und vor allem Deutschland zur Verfügung stellen. Eine erste
Pipeline durch die Nordsee, die CO2 von Deutschland nach Norwegen bringt, ist
geplant.

Dank der Erfahrungen in Norwegen wisse man inzwischen, dass die Technik
sicher sei, sagte Habeck. "Es verdampft nicht durch den Boden oder verdirbt
vielleicht das Wasser", so der Minister. "Wir wissen jetzt sicher, dass das
nicht passieren wird." Daher wolle man die Technik künftig auch in Deutschland
einsetzen, um den CO2-Ausstoß zu senken. "Wir wissen, dass es einige Bereiche in
der Industrie gibt, die schwer zu dekarbonisieren sind", sagte Habeck. Etwa die
Zementindustrie. Hier können CCS helfen. "Sollen wir weitere 20 Jahren warten
und keine Antwort geben? Wir müssen die Technik einsetzen, die verfügbar ist."

Keine CO2-Einlagerung an Land

Das geplante Gesetz soll ersten Eckpunkten zufolge vorerst nur die
Einlagerung von CO2 unter dem Meeresgrund erlauben. Eine Speicherung an Land,
zum Beispiel in ehemaligen Gas- und Erdöllagerstätten, soll vorerst
ausgeschlossen bleiben. Zum Einsatz kommen soll das Verfahren in Branchen, die
nach aktuellem Stand nur schwer oder gar nicht klimaneutral werden könnten.

Doch die sogenannte CCS-Technik soll auch für die Energieproduktion in
Gaskraftwerken erlaubt werden, was Umweltschützer stark kritisieren. Das
gefährde den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, warnen sie. Als problematisch
sieht das Umweltbundesamt zudem den enormen zusätzlichen Energieaufwand für das
Abscheiden und Einlagern des CO2./sak/DP/ngu

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