23.04.2024 12:19:19 - dpa-AFX: POLITIK: Scharfe Kritik der Kläger an Wahlrechtsreform

KARLSRUHE (dpa-AFX) - Die Wahlrechtsreform der Ampel-Koalition steht auf dem
Prüfstand des Bundesverfassungsgerichts und ist am Dienstag in Karlsruhe von den
Klägern scharf attackiert worden. Das Gesetz mit seinen erheblichen Änderungen
sei nicht im Konsens beschlossen worden, monierte der CSU-Landtagsabgeordnete
und bayerische Innenminister Joachim Herrmann. Alleine der Eindruck, dass
einzelne Parteien das Wahlrecht zu ihren Gunsten gestalten könnten, schade dem
Verständnis von Demokratie massiv. Herrmann wandte sich vor allem dagegen, dass
nur noch das Zweitstimmenergebnis über die Zahl der Sitze einer Partei im
Parlament entscheiden soll. Das könne künftig zu verwaisten Wahlkreisen führen:
Ein direkt gewählter Wahlkreiskandidat dürfe nämlich dann nicht in den Bundestag
einziehen, wenn dies durch das Zweitstimmenergebnis nicht gedeckt wäre.

"Es wird dem Wähler suggeriert, er könne mit der Erststimme einen Kandidaten wählen", ergänzte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Das sei aber nicht
der Fall, "weil das Mandat zugeteilt wird über die Zweitstimme". CDU-Chef
Friedrich Merz sprach von einem problematischen Systemwechsel hin zu einem
reinen Verhältniswahlrecht. "Die Wahlen in den Wahlkreisen werden herabgestuft
zu reiner Zählfunktion des Verhältniswahlrechts."

Nach der neuen Regelung soll allein das Zweitstimmenergebnis entscheiden -
auch dann, wenn eine Partei mehr Direktmandate geholt hat. Wahlkreisgewinner mit
dem schlechtesten Erststimmenergebnis gehen dann leer aus. Überhangmandate - und
damit auch die daraus folgenden Ausgleichsmandate - werden abgeschafft. Außerdem
wird die sogenannte Grundmandatsklausel gestrichen: Sie sah bisher vor, dass
Parteien, die an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, dennoch entsprechend ihres
Zweistimmenergebnisses in den Bundestag einziehen können, wenn sie mindestens
drei Direktmandate erringen./avg/jme/DP/stk

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