19.04.2024 18:31:56 - dpa-AFX: ROUNDUP/Habeck in der Ukraine: Unterstützung ist 'verlässlich und dauerhaft'

KIEW/MYKOLAJIW (dpa-AFX) - Vizekanzler Robert Habeck hat der Ukraine die
anhaltende Unterstützung der Bundesregierung zugesichert. "Ich bin ja auch hier,
um den Gesprächspartnern in der Ukraine und auch den Menschen in der Ukraine
noch mal deutlich zu machen, dass Deutschlands Unterstützung, wie ich gesagt
habe, verlässlich und dauerhaft sein wird", sagte der Grünen-Politiker am
Freitag bei einem Besuch im Südosten des Landes. "Das allerdings erwarten sie
auch, denn die militärische Situation an der Front fordert, dass wir die Ukraine
jetzt, in der Zeit, wo der Druck sich noch einmal erhöht, weiter und mit mehr
Munition und auch mit neuen Waffensystemen unterstützen."

Habeck hatte am Vortag Präsident Wolodymyr Selenskyj getroffen, der sich
anschließend öffentlich für die Hilfe Deutschlands bedankte. Am vergangenen
Wochenende hatte die Bundesregierung angekündigt, dem Land ein weiteres
Patriot-Luftabwehrsystem zu liefern. Deutschland sei vorangegangen in der
Erwartung, dass andere Staaten jetzt auch handelten. Die Ukraine leidet schwer
unter russischen Angriffen mit Drohnen, Raketen und Gleitbomben.

Am zweiten Tag seines Ukraine-Besuchs holte Habeck am frühen Morgen ein
Luftalarm in Kiew aus dem Bett. Nach anderthalb Stunden in der Tiefgarage seines
Hotels brach der Minister in den Südosten der Ukraine auf. Während des
Aufenthalts des Ministers im Gebiet Mykolajiw wurde dreimal für längere Zeit
Luftalarm ausgerufen. Zweimal galt der Alarm möglichen Raketen von der russisch
kontrollierten Halbinsel Krim. Beim dritten Alarm wurde von einem russischen
Flugzeug eine Rakete auf Anlagen im Schwarzmeerhafen Piwdennyj im Odessaer
Gebiet abgefeuert.

Habeck suchte zweimal einen Luftschutzkeller auf. Zu Einschlägen in seiner
unmittelbaren Nähe kam es nicht. "Mir ist es noch mal in dem Tag klar geworden,
wie sehr dieses Land noch mit den Folgen und der Gegenwart des Krieges lebt und
auch zu kämpfen hat", sagte Habeck.

In der Region Mykolajiw besuchte Habeck ein Krankenhaus, das bei den Kämpfen zu Beginn der russischen Invasion vor zwei Jahren nur noch wenige Kilometer
hinter der Front lag, beschädigt und mit deutschem Geld wieder aufgebaut wurde.

Der Gouverneur des Gebiets, Witalij Kim, gab sich angesichts der schwierigen Lage seines Landes kämpferisch und betonte, sein Land brauche vor allem Waffen.
"Es gibt keine Möglichkeit, die Ukraine zu besiegen. Es gibt die Möglichkeit,
sie zu zerstören." Aufgeben sei keine Option. "Jeder wird müde, aber es ändert
nichts."

Die konkreten Bitten der ukrainischen Regierung bezögen sich auf den
militärischen und den Energiebereich, sagte Habeck. "Russland hat mit großer
Gewalt noch mal Angriffe auf die Energieinfrastruktur des Landes unternommen und
weil die Gewalt eben so brutal war, auch einige Wirkungstreffer erzielt."
Deutschland liefere Generatoren und schaue, ob auch die Lieferung von
Gasturbinen und Teilen von Kraftwerken möglich sei.

Im Juni soll es in Berlin eine Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine geben, bei der es laut Selenskyj vor allem um bilaterale Projekte in der Rüstungs- und
Energiewirtschaft gehen soll. "Ich bin damit sehr einverstanden. Ich halte das
für absolut sinnvoll", sagte Habeck dazu.

Auch die Rolle erneuerbarer Energien hätten seine ukrainischen
Gesprächspartner adressiert, sagte Habeck. Sie könnten eine sicherheitsrelevante
Aufgabe erfüllen. "Also ein großes Kraftwerk ist ein Ziel, aber 1000 Solardächer
sind schwer zu treffen und 30 Windkraftanlagen sind eben auch schwer zu
treffen." In der Gegend Mykolajiw gibt es viele Solaranlagen. Kim sagte, er
hoffe auf diesem Gebiet auf eine Zusammenarbeit mit Deutschland.

Auf eine Frage nach der bislang ausgebliebenen weiteren US-Hilfe für die
Ukraine sagte Habeck, Deutschland als stärkste Wirtschaftsmacht in Europa habe
"eine neue Aufgabe". Er warb für eine Steigerung der Rüstungsproduktion. "Wir
brauchen eine höhere Produktion. Das heißt, dann hätten wir auch mehr Güter, die
wir abgeben können. Und wenn die Ukraine sie mal nicht mehr braucht, dann können
wir sie selber gut gebrauchen." Am ersten Tag seiner Reise war Habeck unter
anderem von Managern deutscher Rüstungsfirmen begleitet worden./hrz/DP/stw

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