10.04.2024 15:47:12 - dpa-AFX: HINTERGRUND 2: Was die Einigung zur Preisbremse für Mieter bedeutet

(neu: mehr Details)

BERLIN (dpa-AFX) - Wer in den nächsten fünf Jahren in ein beliebtes
Wohngebiet zieht, kann weiter auf die Mietpreisbremse setzen. Die Regelung, die
verhindern soll, dass Vermieter bei neuen Verträgen über Gebühr zuschlagen, soll
bis 2029 verlängert werden. Eigentlich hatte die Ampel-Koalition das schon vor
Jahren vereinbart, jetzt kommt die Verlängerung voraussichtlich gerade noch
rechtzeitig: Die alte Regelung wäre bald ausgelaufen.

Möglich wird der Durchbruch nun wegen einer Parallel-Einigung über den lange umstrittenen Umgang mit Kommunikationsdaten zu Ermittlungszwecken. Offen - und
plötzlich wieder auf dem Prüfstand - sind dagegen andere Koalitionsversprechen
zum Schutz der Mieterinnen und Mieter.

Was die Mietpreisbremse ist

Die Bremse gilt seit 2015 und begrenzt Mietpreissteigerungen bei
Neuverträgen. Diese darf in sogenannten Gebieten mit angespannten
Wohnungsmärkten maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.
Welche Gebiete das sind, entscheidet die jeweilige Landesregierung. Diese
Regelung soll nun wie im Koalitionsvertrag vereinbart bis 2029 verlängert
werden.

Allerdings gibt es von der Bremse "zahlreiche Ausnahmen und Schlupflöcher",
wie der Deutsche Mieterbund am Mittwoch bemängelte. So ist die Regelung nicht
anzuwenden auf eine Wohnung, die erst nach Oktober 2014 erstmals genutzt und
vermietet wurde. An diesem Datum hält die Ampel nach Angaben des
Justizministeriums fest, das heißt, mit der Zeit fallen immer mehr Neubauten
unter die Ausnahmeregelung. Ausgenommen ist auch die erste Vermietung nach einer
umfassenden Modernisierung. Wenn bereits der Vormieter mehr zahlen musste als
laut Bremse erlaubt, darf der Vermieter vom neuen Mieter genauso viel verlangen.
Bei möblierten Wohnungen gilt die Bremse zwar grundsätzlich, Vermieter können
aber einen Zuschlag verlangen.

Die Verlängerung sei höchste Zeit, erklärte das Bauministerium. Demnach wäre die Mietpreisbremse sonst in Berlin bereits Ende Mai 2025 ausgelaufen, in
Nordrhein-Westfalen und in Hamburg Ende Juni 2025. Für die Verlängerung
brauchten die Länder bis zu eineinhalb Jahre, weil sie mit wissenschaftlichen
Gutachten neu begründen müssten, in welchen Gegenden ein angespannter
Wohnungsmarkt herrsche.

Was die Bremse bringt

Eine Anfang 2019 vorgestellte Studie des Deutschen Instituts für
Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag des Bundesjustizministeriums bescheinigt
der Mietpreisbremse eine messbare, wenn auch moderate Wirkung. Dort, wo sie
gilt, stiegen die Mieten demnach weniger stark. Der Effekt liege allerdings nur
bei zwei bis vier Prozent, sagte Studienautor Claus Michelsen. In Zahlen heißt
das: Wer heute 500 Euro Miete zahlt, müsste ohne Mietpreisbremse 510 bis 520
Euro im Monat berappen. Ersparnis: 120 bis 240 Euro im Jahr. Allerdings hielten
sich damals nicht alle Vermieter daran und Mieter klagten nicht unbedingt.

Trotz Mietpreisbremse nimmt der Druck auf dem Mietmarkt gerade in den
Metropolen zu. Im ersten Halbjahr 2023 kletterten die Angebotsmieten in Berlin,
Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Düsseldorf, Stuttgart und Leipzig im Schnitt
um 6,7 Prozent, wie eine Analyse des Immobilienspezialisten Jones Lang LaSalle
(JLL) zeigt. "Die Lage auf dem Wohnungsmarkt hat sich in den letzten zwei Jahren
deutlich verschärft", heißt es beim Deutschen Mieterbund. Die neuen Kostenfallen
seien möbliertes Wohnen und Indexmieten, die von der Inflationsrate abhängen.
Experten rechnen damit, dass die Mieten weiter steigen.

Was die Koalition eigentlich noch für Mieter tun will

Die Ampel-Koalition hatte sich 2021 eine ganze Reihe von Maßnahmen zum
Mieterschutz vorgenommen - umgesetzt ist bisher aber nicht viel. Offen ist zum
Beispiel eine Regelung für Mieter, die schon länger in einer Wohnung wohnen.
Diese Kappungsgrenze für Mieterhöhungen in besonders beliebten Wohngebieten soll
abgesenkt werden. Laut Koalitionsvertrag sollen Vermieter die Miete in diesen
Gebieten innerhalb von drei Jahren nicht mehr um 15, sondern nur noch um 11
Prozent erhöhen dürfen.

Eigentlich ebenfalls schon vereinbart, aber von der Ampel noch nicht in
Angriff genommen, sind Änderungen an den Mietspiegeln, die herangezogen werden,
um die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln. Hier sollen Mietverträge der
letzten sieben Jahre berücksichtigt werden. Das dürfte häufig dazu führen, dass
niedrigere Vergleichsmieten ausgewiesen werden - und dass Vermieter ihre Mieten
dann weniger stark erhöhen dürfen.

Ebenfalls offen ist die Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit, mit der Wohnungsunternehmen steuerliche Vorteile bekommen, die preisgünstigen Wohnraum
für Menschen mit wenig Geld bereitstellen.

Woran es hakt

Für Änderungen im Mietrecht ist Justizminister Marco Buschmann (FDP)
zuständig. SPD und Grüne kritisieren, dass er die vereinbarten Reformen nicht
schnell genug angehe. Beide Koalitionspartner bestanden am Mittwoch darauf, dass
nicht nur die Verlängerung der Mietpreisbremse, sondern auch alle anderen
Koalitionsversprechen erfüllt werden. Die parlamentarische Geschäftsführerin der
SPD-Fraktion, Katja Mast, betonte: "Ich gehe davon aus, dass die FDP
vertragstreu ist, und den Koalitionsvertrag hat sie ja mit uns unterschrieben."

Die FDP hält Änderungen im Mietrecht aber nicht für das richtige Mittel.
"Bei den aktuellen Bau- und Zinskosten sind Diskussionen um weitere
Verschärfungen im Mietrecht toxisch für Investitionen", erklärte Fraktionsvize
Carina Konrad. "Wir wollen Investitionen auslösen, um mehr zu bauen - das ist
langfristig der beste Mieterschutz." Staatliche Eingriffe in den Wohnungsmarkt
führten nicht zu mehr Wohnungen, sondern seien sogar kontraproduktiv.

Wie viel der Koalitionsvertrag dann noch wert ist

Die FDP stellt damit Reformpläne infrage, auf die sich die Koalition längst
geeinigt hatte. Buschmann sehe bei diesen Themen "noch Diskussionsbedarf", hieß
es vom Justizministerium. Eine Sprecherin des SPD-geführten Bauministeriums
machte daraufhin direkt klar: "Den Diskussionsbedarf würden wir eigentlich nicht
sehen. Was im Koalitionsvertrag festgelegt wurde, gilt für uns weiterhin."

Dass Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag nachträglich wieder infrage gestellt werden, passiert in der Ampel-Koalition nicht zum ersten Mal. Normalerweise
streiten die Partner dann aber eher darüber, wie man eine recht allgemeine
Formulierung aus dem Koalitionsvertrag genau mit Inhalt füllt. Bei der
Verlängerung der Mietpreisbremse und die Absenkung der Kappungsgrenze ist das
anders: Die Details sind im Koalitionsvertrag schon festgehalten, im Grunde
müssten im Gesetzestext nur ein paar Zahlen geändert werden. Ob es zur Reform
der Kappungsgrenze noch kommt, bleibt angesichts der Vorbehalte in der FDP aber
abzuwarten./hrz/DP/stw

--- Von Martina Herzog und Theresa Münch, dpa ---
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