22.02.2024 12:39:20 - dpa-AFX: Berliner Parlament unterstützt Ankauf der Fernwärme von Vattenfall

BERLIN (dpa-AFX) - Das Berliner Abgeordnetenhaus unterstützt mit breiter
Mehrheit den geplanten Kauf des Fernwärmebereichs des schwedischen
Energiekonzerns Vattenfall. In einer aktuellen Debatte stellten sich am
Donnerstag vier von fünf Fraktionen hinter das milliardenschwere Vorhaben, die
AfD lehnte es ab.

Der Berliner Senat und Vattenfall hatten Mitte Dezember mitgeteilt, dass die Hauptstadt das Berliner Fernwärmegeschäft des Unternehmens mit rund 1,4
Millionen Haushaltskunden übernimmt. Nach Angaben der Finanzverwaltung wird der
Kauf, der bis Mai vollzogen sein soll, das Land um die 1,6 Milliarden Euro
kosten.

SPD und CDU: Mehr kommunaler Einfluss auf Preise und Versorgungssicherheit

Die Fernwärme gehöre ebenso wie die bereits kommunalisierten Wasserbetriebe
und das landeseigene Stromnetz zur kritischen Infrastruktur, sagte der
SPD-Politiker Jörg Stroedter. Und kritische Infrastruktur gehöre in die
öffentliche Hand.

"Dadurch gewinnen wir Einfluss auf Versorgungssicherheit und auf stabile
Preise und bekommen Handlungsfreiheit, um die notwendige Transformation der
Netze zur Klimaneutralität voranzutreiben." Das Land könne die Dekarbonisierung,
also die Abkehr von fossilen Brennstoffen wie Kohle und Gas, auf diese Weise
schneller umsetzen.

Ähnlich äußerte sich Christian Gräff für die CDU. "Für uns ist die
Rekommunalisierung der Fernwärme kein Selbstzweck." Im Vordergrund stehe
Preisstabilität für die Kunden. Und: "Es ist absolut wichtig, dass wir uns
unabhängiger machen von fossilen Energien."

Grüne und Linke fordern energiepolitischen Fahrplan

Auch der Grünen-Abgeordnete Stefan Taschner begrüßte das Vorhaben
grundsätzlich. Es bedeute aber viel Arbeit. Der Senat müsse nun rasch einen
Fahrplan zum klimagerechten Umbau der Fernwärme auf Basis erneuerbarer Energien
vorlegen, forderte er.

Der Linke-Abgeordnete Sebastian Scheel sagte: "Wir müssen vom fossilen
Zeitalter weg." Wichtiger Schlüssel dazu seien die Netze: "Intelligente Netze
werden uns in die Lage versetzen, diesen Übergang sinnvoll und gerecht, zu
fairen Konditionen und guten Preisen für die Bürgerinnen und Bürger zu
gestalten." Auch Scheel forderte vom Senat einen Plan, wie es auf dem Weg zur
klimaneutralen Stadt bei den Netzen nun weitergehe.

AfD lehnt Vorhaben als sinnlos ab

Der AfD-Politiker Frank-Christian Hansel zweifelte den Sinn klimapolitischer Maßnahmen an und sprach von "vermeintlichem Klimaschutz". Die Rekommunalisierung
der Fernwärme werde nichts bringen außer zusätzliche Schulden. "Die
ambitionierten Klimaziele sind, selbst wenn man sie für das Überleben der
Menschheit wirklich für wichtig hielte, nicht zu erreichen", sagte er.
"Insbesondere nicht, wenn die Energieversorgung sicher und störungsfrei und
bezahlbar bleiben und der Wirtschaftsstandort keinen Schaden nehmen soll." Laut
Energiewendegesetz will Berlin bis spätestens 2045 klimaneutral sein.

Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey sagte: "Dieser Schritt, den wir jetzt
tun, ist Teil einer neuen industriellen Revolution." Die SPD-Politikerin
erinnerte daran, dass ein Drittel der Wärmeversorgung in Berlin auf die
Fernwärme entfalle. Etwa 18 Prozent der klimaschädlichen CO?-Emissionen
entfielen heute auf die - überwiegend kohlebasierte - Fernwärme, mehr als 40
Prozent auf den Wärmesektor insgesamt. Dieser hohe Anteil zeige: "Wenn die Wärme
in Berlin nicht klimaneutral wird, dann wird auch Berlin nicht klimaneutral."
Hier müsse das Land mehr Verantwortung übernehmen

Nachtragshaushalt soll Finanzierung sicherstellen

Im Zusammenhang mit dem Vattenfall-Deal brachte der Berliner Senat einen
Nachtragshaushalt in das Parlament ein. Der Gesetzentwurf umfasst unter anderem
eine Kreditermächtigung in Höhe von 975 Millionen Euro für das Geschäft. Hinzu
kommt eine weitere Ermächtigung, um Kredite in Höhe von 300 Millionen Euro für
Investitionen in das Stromnetz aufzunehmen, das sich bereits seit 2021 im
Landesbesitz befindet.

Neben der Übernahme der Fernwärme hat das Land auch Interesse am Berliner
Gasnetz, das vom privaten Unternehmen Gasag betrieben wird. Vattenfall räumte
dem Senat eine Kaufoption für die eigenen Gasag-Anteile von rund 31,6 Prozent
ein. Der Senat will in den kommenden Monaten mit allen Beteiligten verhandeln,
darunter den anderen Anteilseignern Eon und Engie
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Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
ENGIE S.A. INH. EO 1 A0ER6Q Xetra 16,560 26.04.24 17:38:02 +0,485 +3,02% 0,000 0,000 16,095 16,560
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