05.07.2023 21:03:10 - dpa-AFX: ROUNDUP 3: Bund muss 243 Millionen Euro Schadenersatz für Pkw-Maut zahlen

(neu: Lindner im 5. Abs.)

BERLIN (dpa-AFX) - Als Folge der geplatzten Pkw-Maut muss der Bund 243
Millionen Euro Schadenersatz an die vorgesehenen Betreiber zahlen.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) bestätigte am Mittwoch eine
entsprechende Verständigung mit der Betreiberseite und sagte: "Das ist eine
bittere Summe." Das ganze Verfahren sei teuer und aufwendig gewesen. "Am Ende
konnte der Schaden begrenzt werden." Aber fast eine Viertelmilliarde Euro sei
eine große Summe, gerade in Zeiten knapper öffentlicher Kassen. Drei Monate vor
der Wahl im CSU-regierten Bayern kam von FDP und Grünen erneut harte Kritik am
Vorgehen des damaligen Verkehrsministers Andreas Scheuer (CSU) auf.

Die Pkw-Maut - ein Prestigeprojekt der CSU in der damaligen Bundesregierung
- war im Juni 2019 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) als rechtswidrig gestoppt
worden. Die vorgesehenen Betreiber forderten zunächst 560 Millionen Euro
Schadenersatz, nachdem der Bund die Verträge kurz nach dem Urteil kündigte.
Scheuer wies Forderungen der Firmen zurück. Daraufhin folgte ein
Schiedsverfahren. Wissing sagte, das Schiedsgericht habe eine Beendigung über
einen Schiedsspruch vorgeschlagen. Der Haushaltsausschuss des Bundestages habe
am Mittwoch grünes Licht für eine Zustimmung dazu gegeben.

Die 243 Millionen Euro sollen an die Firma Autoticket gezahlt werden
- das Gemeinschaftsunternehmen des Mautspezialisten Kapsch und
des Ticketanbieters Eventim sollte Betreiberin der Pkw-Maut sein.
Mit der Zahlung würden "die wechselseitigen Ansprüche aus dem Betreibervertrag
bereinigt und verglichen sein", erläuterte Kapsch in einer
Börsen-Pflichtmitteilung. Die vergleichsweise Einigung solle voraussichtlich in
den nächsten Tagen finalisiert und wirksam werden.

Wissing sagte mit Blick auf die fällige Schadenersatzzahlung, das Geld sei
von den Bürgerinnen und Bürgern hart erarbeitet worden. Hinzu kämen noch
Anwaltskosten. Der Schaden sei schon eingetreten, als die Ampel-Koalition die
Regierungsgeschäfte übernommen habe. Wissing nannte die Pkw-Maut einen schweren
Fehler. Er bedauere, dass die Schadenersatzsumme nicht für Investitionen zur
Verfügung stehe.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte im ZDF-"heute journal": "Das
müssen die Bürgerinnen und Bürger jetzt politisch bewerten, was ein
Verkehrsminister der CSU, der CSU-Vorhaben umsetzt, was der am Ende für den
Steuerzahler gebracht hat."

Der Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler sagte der Deutschen
Presse-Agentur: "Es wäre nur gerecht, wenn die CSU anbieten würde, die große
Rechnung aus ihrem Parteivermögen selbst zu bezahlen." Zusätzlich zum
Schiedsspruch kämen noch Kosten für die Einführung, externe Berater, Anwalts-
und Gerichtskosten. "Mit dem ganzen Geld hätten wir viele Radwege bauen,
Schienenwege sanieren und den öffentlichen Nahverkehr unterstützen können."
FDP-Haushaltspolitiker Karsten Klein sagte der dpa, der damalige
CSU-Wahlkampfhit werde "zum Trauerlied für den deutschen Steuerzahler". Für den
finanziellen Schaden trügen Scheuer und die CSU die volle Verantwortung.

Mit dem Scheitern der Maut und den finanziellen Folgen befasste sich in der
vergangenen Wahlperiode auch ein Untersuchungsausschuss des Bundestags. Die
damalige Opposition warf Scheuer Verstöße gegen Haushalts- und Vergaberecht vor
und warnte vor Millionenkosten. Der damalige Minister wies alle Vorwürfe zurück.
Im Visier stand dabei auch, dass er die Betreiberverträge schon Ende 2018
abgeschlossen hatte, noch bevor endgültige Rechtssicherheit beim Europäischen
Gerichtshof bestand.

Von der eigentlich vorgesehenen Betreibergesellschaft Autoticket hieß es:
"Wir hätten eine modifizierte Umsetzung der Pkw-Maut als Klima-Abgabe für
deutsche und gebietsfremde Fahrzeughalter einer streitigen Auseinandersetzung
vorgezogen." Geschäftsführer Michael Blum sagte, dennoch begrüße man die
Beendigung des Verfahrens. Bereits im März 2022 habe das eingesetzte
Schiedsgericht bestätigt, dass die auf eine angebliche "Schlechtleistung"
gestützte Kündigung der Verträge durch das Ministerium unberechtigt gewesen
sei./sam/hoe/DP/he
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