09.07.2024 17:24:06 - dpa-AFX: Infektiologe: Vogelgrippe-Impfstoff wäre schnell machbar

BERLIN (dpa-AFX) - Im Fall einer Vogelgrippe-Pandemie könnten Impfstoffe für
Menschen nach Einschätzung des Berliner Infektiologen Leif Erik Sander rasch zur
Verfügung stehen. "Wir haben Impfstoffe, die zugelassen sind, die in dem Moment,
in dem ein Virus eine Pandemie auslöst, sehr schnell angepasst werden könnten",
sagte der Charité-Professor bei einem Online-Pressegespräch. Allerdings müssten
dafür Produktionskapazitäten hochgefahren werden.

Sander spricht von Influenza-Impfstoffen, die an die Untervariante des
Vogelgrippe-Erregers angepasst werden müssten. Das Vogelgrippe-Virus H5N1 ist
ein Influenza-A-Virus wie die beim Menschen kursierenden Erreger der saisonalen
Grippe.

Keine akute Bedrohung für Menschen in Deutschland

Für Menschen in Deutschland besteht dem Experten zufolge derzeit kein Grund
zur Sorge. "Momentan gibt es noch keine Veranlassung, Menschen aktiv zu impfen",
sagte Sander und ergänzte: "Es geht nicht darum, die Sorge zu verbreiten, dass
eine Pandemie unmittelbar bevorsteht. Man sollte aber alles machen, um
vorbereitet zu sein."

Das Virus H5N1 kursiert seit Jahrzehnten verstärkt unter Vögeln - zunächst
in Asien, inzwischen nahezu weltweit. In den USA haben sich zuletzt Dutzende
Rinder infiziert. Eine Handvoll Menschen hat sich laut der US-Gesundheitsbehörde
CDC im Kontext des Ausbruchs in US-Milchviehhaltungen bislang angesteckt. Die
Ansteckungen sind laut US-Behörden vermutlich durch direkten Kontakt mit
infizierten Kühen erfolgt, nicht von Mensch zu Mensch. Dem Robert Koch-Institut
zufolge gibt es derzeit weltweit keine Hinweise für eine fortgesetzte
Mensch-zu-Mensch-Übertragung mit Influenzaviren.

Befall von Rindern bereitet Experten Sorge

Sander nannte den Befall von Rindern besorgniserregend, weil sich das Virus
in einer großen Population von Säugetieren vermehre, die vom Menschen genutzt
würden. Eine der größten Sorgen sei, dass sich das Virus weiter adaptiert. "Wenn
sich das Virus stark in einer Spezies verbreitet, ist die Sorge, dass es sich an
andere Säugetiere adaptieren kann oder sich mit anderen Influenzaviren
vermischt. Das würde ermöglichen, dass es auch stärker Menschen befällt und es
womöglich dann auch von Mensch zu Mensch übertragen werden könnte."

Die Infektion mit stark krank machenden Vogelgrippe-Viren wie H5N1 trete bei Menschen selten auf, verlaufe dann aber häufig schwer. Die Sterblichkeitsrate
ist dem Experten zufolge hoch. "Das liegt daran, dass diese Viren nur die tiefen
Abschnitte der menschlichen Lunge befallen können und es dann zu schweren
Entzündungen der Lunge führen kann."

Einer der Infizierten in den USA zeigte typischere Symptome einer akuten
Atemwegserkrankung wie Husten. Bei den anderen Betroffenen wurde von Symptomen
in den Augen ähnlich einer Bindehautentzündung berichtet. "Die Menschen haben
sich wahrscheinlich über Schmierinfektionen infiziert und nicht wie sonst bei
Influenza üblich über die Atemwege. Das könnte zu den relativ milden Verläufen
führen", sagte Sander./bum/DP/men

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