15.05.2024 14:56:15 - dpa-AFX: ROUNDUP 2: Hamburg einen Schritt näher am Rückkauf des Elbtower-Grundstücks

HAMBURG (dpa-AFX) - Seit mehr als einem halben Jahr herrscht auf der
Baustelle des Hamburger Elbtowers Stillstand - nun hat die Stadt beim
Insolvenzverwalter ihr Wiederkaufsrecht für das Grundstück angemeldet. Damit
wolle sie sich alle Möglichkeiten offenhalten, sagte der Sprecher der
Stadtentwicklungsbehörde, André Stark, am Mittwoch. Gleichzeitig betonte er: "Ob
wir von diesem Recht Gebrauch machen, steht derzeit gar nicht zur Debatte." Die
bevorzugte Lösung der Stadt sei weiterhin, dass ein privater Investor den Rohbau
der insolventen Signa-Gruppe übernehme und fertigstelle. CDU und Linke warfen
dem rot-grünen Senat ein planloses Vorgehen vor.

Der Elbtower soll einmal der krönende Abschluss der Hamburger Hafencity
werden. Ganz im Osten bei den Elbbrücken soll er entstehen, quasi als Gegenstück
zur Elbphilharmonie ganz im Westen: Mit 64 Stockwerken und einer Höhe von 245
Metern soll der vom Londoner Stararchitekten David Chipperfield entworfene
Elbtower das dritthöchste Gebäude Deutschlands werden. Bislang geplante
Fertigstellung und Gesamtkosten: 2025 für rund 950 Millionen Euro.

Ende Oktober vergangenen Jahres hat das beauftragte Bauunternehmen jedoch
bei 100 Metern Höhe die Arbeiten eingestellt, die Signa Gruppe des
österreichischen Immobilienunternehmers René Benko hatte Rechnungen nicht
bezahlt. Die Elbtower Immobilien GmbH & Co. KG meldete im Januar dieses Jahres
Insolvenz an. Sie ist eine mittelbare Tochter der ebenfalls insolventen Signa
Prime Selection AG.

Nun sucht der Berliner Sanierungsexperte und Insolvenzverwalter Torsten
Martini bereits seit rund zwei Monaten Käufer. Einem NDR-Bericht zufolge haben
Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) und Hafencity-Chef Andreas Kleinau
am Dienstag im Haushaltsausschuss berichtet, dass es inzwischen mehrere
Interessenten gebe. Dass Anfang Mai die Rückkaufoption scharf gestellt worden
sei, liege an einer "denkbaren logischen Lücke", wonach der Insolvenzverwalter
das Grundstück ohne Zustimmung der Stadt weiterverkaufen könne, begründeten sie
den Schritt nach Angaben der Linken.

Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte in der Vergangenheit mehrfach
betont, dass die Stadt beim Elbtower keine offenen Rechnungen übernehmen werde.
Falls die Stadt sich für einen Rückkauf entscheide, "würden wir den
ursprünglichen Kaufpreis in Höhe von 122 Millionen Euro ohne Zinsen und
abzüglich von fünf Millionen Euro erstatten und im Gegenzug das Grundstück
zurückerhalten".

"Hü und Hott beim Senat", klagte die stadtentwicklungspolitische Sprecherin
der Linken in der Hamburgischen Bürgerschaft, Heike Sudmann. Einerseits
simuliere er Handeln, andererseits habe er keinen wirklichen Plan. Nun heiße es,
das Wiederkaufsrecht solle ausgeübt werden, wenn es keine akzeptablen Käufer
gebe. "Ob bis Anfang 2025 geklärt ist, wer als Käuferin in Betracht kommt, steht
aber noch in den Sternen." Der Senat könne auch nicht überzeugend darlegen,
weshalb es "bei dem angeblich so tollen und knüppelharten Kaufvertrag" möglich
sein soll, ohne Zustimmung der Stadt den Elbtower weiterzuverkaufen.

Der CDU-Haushaltsexperte Thilo Kleibauer nannte das Agieren des Senats
fragwürdig. Rot-Grün riskiere ein finanzielles Desaster für die Stadt. "Es rächt
sich erneut, dass (Olaf) Scholz und Tschentscher hier mit dem unseriösen
Investor Benko Grundstücksgeschäfte gemacht haben." Hamburgs FDP-Vize Katarina
Blume warnte, bei einem Rückkauf würde die Stadt unfreiwillig zur Bauherrin und
die Steuerzahler müssten sämtliche Risiken tragen. "Das ist ein Super-GAU für
den Ersten Bürgermeister, der als Finanzsenator eine tragende Rolle bei dem
windigen Immobilien-Deal spielte."/klm/gyd/DP/stk

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH