11.07.2024 16:08:38 - dpa-AFX: Notenbankchef warnt vor Schuldenanstieg bei Links-Regierung in Paris

PARIS (dpa-AFX) - Frankreichs Notenbankchef François Villeroy de Galhau hat
nach dem Sieg des Linksbündnis bei der Parlamentswahl vor einem steigenden
Haushaltsdefizit gewarnt, sollte das Bündnis an die Regierung kommen und seine
Pläne umsetzen. Frankreich könne es sich nicht erlauben, seine Verschuldung noch
weiter in die Höhe zu treiben, sagte der Chef der Banque de France am Donnerstag
dem Sender France Info.

"Ich glaube, wenn man Entscheidungen trifft, sollte man die Defizite auf
keinen Fall erhöhen, weil sie bereits zu den höchsten in Europa gehören", sagte
Frankreichs oberster Banker mit Blick auf den künftigen Regierungskurs. Wegen
einer zu hohen Neuverschuldung betreibt die EU-Kommission im Moment ohnehin
bereits ein Defizitverfahren gegen Frankreich.

Das Linksbündnis, das auch ohne absolute Mehrheit darauf pocht, den neuen
Premierminister und die künftige Regierung zu stellen, hatte in seinem
Wahlprogramm erhöhte öffentliche Ausgaben angekündigt, die nach der Berechnung
von Experten jährliche Mehrausgaben von über 100 Milliarden Euro bedeuten. So
will das Linksbündnis den Mindestlohn erhöhen, die Preise für Lebensmittel und
Energie deckeln, die Investitionen in Bildung und Gesundheit erhöhen und das
Renteneintrittsalter wieder von 64 auf 62 Jahre zurücksetzen.

Defizit bedroht Frankreichs Souveränität

"Nicht alles wird sofort möglich sein", sagte der Notenbankchef. "Man muss
die Wahrheit sagen und die Anforderungen der Realität anerkennen." Die Defizite
"belasten und kosten uns immer mehr Geld, um sie zu finanzieren, und sie
belasten unsere Souveränität".

Der Chefbanker sieht durch die Pläne der Linken auch Wachstum, Jobs und die
Konkurrenzfähigkeit französischer Unternehmen in Gefahr. "Unsere Unternehmen
können nicht durch überhöhte Lohnkosten, einschließlich des Mindestlohns, und
durch zu hohe Steuern belastet werden, das wäre sofort sehr schlecht für die
Beschäftigung und langfristig sehr schlecht für die Kaufkraft."

Die politische Krise in Frankreich könne sich nach einer Umfrage der Banque
de France unter 8500 Unternehmen sehr negativ auf das Wachstum und die
Beschäftigung auswirken, sagte Villeroy de Galhau. Die Unternehmensleitungen
berichteten von einer abwartenden Haltung ihrer Kunden, die lieber sparten als
konsumierten. Diese Unsicherheit werde dadurch verstärkt, dass sich nach der
Wahl vom Sonntag kein regierungsfähiges Bündnis abzeichnet./evs/DP/men

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