01.07.2024 14:16:36 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP: Bayerischer Verfassungsschutz darf AfD beobachten

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Bayerische Verfassungsschutz darf die AfD als
rechtsextremistischen Verdachtsfall beobachten. Eine Klage des bayerischen
Landesverbands gegen die Beobachtung wies das Verwaltungsgericht München als
unbegründet zurück. Das Gericht habe in der dreitägigen mündlichen Verhandlung
tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der
AfD festgestellt.

Die Anhaltspunkte seien hinreichend und derart gewichtig, dass auch die
Öffentlichkeit informiert werden könne, sagte der Vorsitzende der 30. Kammer am
Verwaltungsgericht München, Michael Kumetz. Er begründete dies etwa mit
Äußerungen, die sich gegen Muslime und andere Menschen mit Migrationshintergrund
richteten oder die einen Vergleich zwischen heutigen deutschen Gerichten und
denen aus der NS-Zeit ziehen. Auch lägen Äußerungen vor, die auf "einem
ethnisch-biologischen Volksverständnis basieren", teilte das Gericht zur
Begründung mit. "Eine Beobachtung nur einzelner Kreisverbände würde zu kurz
greifen", sagte Kumetz.

Berufung zunächst nicht zugelassen

Der AfD-Landesvorsitzende Stephan Protschka kündigte an, die Partei werde
alle rechtlichen Möglichkeiten prüfen, um gegen die Entscheidung vorzugehen. Das
Gericht ließ zunächst keine Berufung zu. Diese müsste die AfD über den
Bayerischen Verwaltungsgerichtshof beantragen.

Die Beobachtung der AfD durch das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte
bereits das Oberverwaltungsgericht Münster für rechtens erklärt.

Der bayerische Verfassungsschutz hatte im Jahr 2022 bekanntgegeben, die AfD
mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu beobachten, weil Anhaltspunkte für
verfassungswidrige Bestrebungen bestünden. Dagegen hatte die AfD zunächst im
Eilverfahren geklagt und in zwei Instanzen verloren. Am Verwaltungsgericht wurde
in der Hauptsache verhandelt. Der Verfassungsschutz hatte erklärt, etwa auf den
Einsatz von V-Leuten bis zur gerichtlichen Klärung zu verzichten und nur
öffentlich zugängliche Quellen zu nutzen. Um den Verdacht auf rechtsextreme
Tendenzen zu begründen, hatte der Verfassungsschutz dem Gericht umfangreiches
Beweismaterial vorgelegt, darunter Tausende Seiten Chatprotokolle.

Gericht: Keine einzelnen verbalen Entgleisungen

Die AfD-Seite hatte während des Prozesses stets argumentiert, es handele
sich bei den aufgelisteten extremistischen Äußerungen um Entgleisungen
Einzelner, die von der Partei auch stets sanktioniert worden seien - etwa mit
Ausschlussverfahren und Ämtersperren - oder die sich durch Parteiaustritte für
die AfD ohnehin erledigt hätten. "Die gewürdigten Äußerungen von Vertretern der
AfD stellen sich nicht nur als einzelne verbale Entgleisungen dar", sagte der
Vorsitzende Richter Kumetz jedoch.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte nach dem Urteil, es komme nun darauf an, die Entwicklung der AfD weiter genau zu beobachten. "Der
Freistaat Bayern hat auch zur Verstärkung der Beobachtung von Rechts- und
Linksextremisten sowie Islamisten das Personal des Verfassungsschutzes weiter
verstärkt", sagte der CSU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in
München./dm/DP/jha

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