19.12.2023 14:55:35 - dpa-AFX: ROUNDUP: Umwelthilfe klagt gegen Chlor-Einsatz am LNG-Terminal Wilhelmshaven

BERLIN/WILHELMSHAVEN (dpa-AFX) - Die Deutsche Umwelthilfe geht gerichtlich
gegen die Verwendung von Chlor am Terminal für Flüssigerdgas (LNG) in
Wilhelmshaven vor. Man habe beim Bundesverwaltungsgericht Klage gegen den
Einsatz von Biozid beim Betrieb des schwimmenden Terminals "Höegh Esperanza"
eingereicht, weil dieser das Ökosystem der Jade und des Wattenmeers erheblich
gefährde, teilte der Verein am Dienstag mit. Zuvor hatten die "Neue Osnabrücker
Zeitung" und der NDR über die Klage berichtet.

Der Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe, Sascha Müller-Kraenner, warf dem
Betreiber Uniper vor, die Jade und die Nordsee zu verschmutzen,
obwohl schonendere Alternativen vorhanden seien. "Das Wattenmeer wird damit
leichtfertig als Müllhalde missbraucht", sagte er. "Das zweite Terminalschiff
"Excelsior", das ab kommendem Jahr am gleichen Standort betrieben werden soll,
soll ohne Biozid gereinigt werden - warum gelingt das nicht auch für die "Höegh
Esperanza"?"

Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte den Eingang der Klage. Wann es eine
Entscheidung geben werde, sei noch nicht absehbar.

Die Klage richtet sich wegen der Erlaubnis zur Einleitung von Abwasser mit
Bioziden in die Jade gegen den Niedersächsischen Landesbetrieb für
Wasserwirtschaft, Küsten- und Umweltschutz (NLWKN). Dieser hatte erst am Freitag
mitgeteilt, dass die Reinigung des LNG-Terminals mit Chlor bislang keine
negativen Auswirkungen auf das Gewässer gehabt habe. Nach elf Monaten Betrieb
hätten die Messwerte der verschiedenen Chlor- und Nebenprodukte überwiegend
sogar unter der Nachweisgrenze gelegen.

Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer sagte, er könne die Klage der
Umwelthilfe daher nicht nachvollziehen. Es gebe keine Erkenntnisse, dass es zu
Schäden an der Umwelt gekommen ist. "Wenn kaum Chlor im Wasser ist, dann kann es
sich auch nicht in den Fischen und Muscheln ansammeln", sagte der
Grünen-Politiker.

Das klare Ziel des Landes sei es dennoch, dass beide LNG-Schiffe mit einem
Ultraschallverfahren und damit chlorfrei betrieben werden. "Der Schutz des
Wattenmeers und der Umwelt hat oberste Priorität", sagte Meyer. Zunächst solle
der Chloreinsatz minimiert und dann, wenn sich die Ultraschalltechnik beim
zweiten Schiff bewährt habe, auch das erste Schiff entsprechend umgerüstet
werden. Die Übernahme der Mehrkosten dafür habe der Bundestag bereits zugesagt.

Umweltschutzverbände, Anwohner und Muschelfischer kritisieren die Einleitung von chlorhaltigen Abwässern in die Jade seit Längerem. Der Terminalbetreiber
Uniper hatte im Sommer ein Konzept zur Minimierung des Chloreinsatzes vorgelegt.
Darin werden mehr als 20 alternative Reinigungsverfahren beschrieben. Allerdings
sei keine Variante besser geeignet als die Chlorierung, um die Leitungen von
Muscheln oder Seepocken freizuhalten, heißt es in dem Papier.

Das LNG-Terminal in Wilhelmshaven war am 21. Dezember 2022 das erste in
Deutschland, das Gas ins Netz eingespeist hat. Mit einem Anteil von rund zwei
Dritteln des eingespeisten Flüssigerdgases ist es auch das bedeutendste deutsche
LNG-Terminal, wie aus Daten von Europas Gasinfrastruktur-Betreibern (GIE)
hervorgeht.

Das von Tankern angelieferte, auf minus 162 Grad heruntergekühlte und
verflüssigte Erdgas wird nach der Anlieferung erwärmt und damit gasförmig
gemacht. Das erfolgt überwiegend durch Meerwasser. Damit die Systeme des
Terminals nicht etwa mit Algen und Muscheln zuwachsen, werden sie mit Chlor
durchspült./cwe/DP/tih
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