16.06.2024 14:24:06 - dpa-AFX: POLITIK/Presse: Verhandlungen mit Usbekistan über Abschiebungen von Afghanen

BERLIN (dpa-AFX) - Das Bundesinnenministerium verhandelt nach einem
"Spiegel"-Bericht mit Usbekistan über Abschiebungen von Afghanen aus Deutschland
ohne direkte Absprachen mit den Taliban. Dazu sei in der letzten Mai-Woche eine
Delegation aus dem Haus von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in die
usbekische Hauptstadt Taschkent gereist, berichtete das Nachrichtenmagazin am
Sonntag weiter. Die Delegation schlug der usbekischen Regierung demnach vor,
afghanische Abschiebekandidaten nach Taschkent zu bringen. Von dort sollten sie
mit der privaten Fluggesellschaft "KamAir" weiter nach Kabul transportiert
werden. Nach dpa-Informationen war zuletzt überlegt worden, für den Flug von
Deutschland nach Usbekistan eine Charter-Gesellschaft mit Sitz in Rumänien
anzuheuern.

Die usbekische Regierung stellte dem Bericht zufolge in Aussicht, bei
Abschiebungen helfen zu können. Sie wolle jedoch vor einem Deal über die
Abschiebungen noch ein formelles Migrationsabkommen mit Deutschland
unterzeichnen, das die Einreise von usbekischen Fachkräften nach Deutschland
regeln soll. Joachim Stamp (FDP), der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für
Migrationsabkommen, werde kommende Woche für Gespräche über ein solches Abkommen
nach Usbekistan reisen.

Als Konsequenz aus der tödlichen Messerattacke von Mannheim hatte
Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen
nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen. "Solche Straftäter gehören
abgeschoben - auch wenn sie aus Syrien und Afghanistan stammen", sagte der
SPD-Politiker im Bundestag. Und: "Schwerstkriminelle und terroristische
Gefährder haben hier nichts verloren." Das Bundesinnenministerium arbeite an der
praktischen Umsetzung und sei bereits mit den Nachbarländern Afghanistans im
Gespräch, sagte er. Deutschland hatte die Abschiebungen nach Afghanistan kurz
vor der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 komplett gestoppt.

Der "Spiegel" berichtete, das Auswärtige Amt, das die Gespräche durch den
deutschen Botschafter Tilo Klinner begleite, sehe die Abschiebungen von Afghanen
weiterhin kritisch, auch wenn sie über ein Nachbarland erfolgen solle.
Hintergrund seien Befürchtungen, dass den Abgeschobenen in ihrem Heimatstaat
Repressalien drohten./cn/DP/men

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