21.06.2024 19:45:35 - dpa-AFX: ROUNDUP: Milliarden-Risiko wegen Klagen zu Corona-Masken

BERLIN (dpa-AFX) - Dem Bund drohen Milliardenrisiken aus noch schwelenden
Streitfällen um die Lieferung von Schutzmasken zu Sonderkonditionen in der
Corona-Pandemie. Aktuell sind dazu in etwa 100 Fällen Klagen mit einem
Streitwert von insgesamt 2,3 Milliarden Euro erhoben, wie aus einer Antwort des
Gesundheitsministeriums auf eine Anfrage des FDP-Haushaltspolitikers Karsten
Klein hervorgeht. Zuerst berichtete die "Welt am Sonntag" darüber. Der Ausgang
der Klagen sei abzuwarten, sagte Klein der Zeitung. Doch deutlich werde schon:
"Die Folgen der massiven Überbeschaffung unter dem damaligen Gesundheitsminister
Jens Spahn (CDU) werden immer verheerender."

Hintergrund ist die staatliche Beschaffung damals dringend benötigter, aber
sehr knapper Masken für das Gesundheitswesen in der Frühphase der Corona-Krise
2020. Um schneller zu sein, wandte das Ministerium ein besonderes Verfahren an,
bei dem Lieferverträge ohne weitere Verhandlungen zu festen Kaufpreisen zustande
kamen. Vielfach verweigerte das Ministerium später die Bezahlung und machte
unter anderem Qualitätsmängel geltend. Daraufhin reichten Lieferanten und
Händler Klagen ein. Kritik wurde im Nachhinein auch daran laut, dass zu viele
Masken beschafft worden waren.

"Bisher wurden rund 80 Streitfälle durch Vergleiche beendet", heißt es in
der Ministeriumsantwort, die auch der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Acht
Verfahren mit einem Gesamtstreitwert von rund 50 Millionen Euro habe der Bund
rechtskräftig gewonnen, zwei Verfahren mit 230 000 Euro Streitwert rechtskräftig
verloren. Insgesamt seien vom Bund im Rahmen des besonderen Einkaufsverfahrens
("Open-House-Verfahren") rund 1,4 Milliarden Euro ausgezahlt worden.

Zu den noch laufenden Verfahren erläuterte das Ministerium, sofern "derzeit
mit einer Inanspruchnahme infolge eines Urteils" gerechnet werden müsse, wäre
dies durch Ausgabenreste im Haushalt gedeckt.

Ressortchef Karl Lauterbach (SPD) hatte kürzlich bereits eine Aufarbeitung
der Maskenbeschaffungen in der Corona-Zeit zugesichert. Anlass war auch Kritik
des Bundesrechnungshofs am Vorgehen des Ministeriums unter Lauterbachs Vorgänger
Spahn. Die Behörde monierte, es seien 2020 allein 5,7 Milliarden Schutzmasken
angeschafft worden, von denen aber nur 2 Milliarden verteilt worden seien -
davon 1,7 Milliarden in Deutschland./sam/DP/ngu

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