10.04.2024 16:56:55 - dpa-AFX: HINTERGRUND: 'Liebe zum Warenhaus' - Was die Galeria-Käufer vorhaben

ESSEN (dpa-AFX) - Die Entscheidung ist gefallen: Die insolvente
Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof bekommt mal wieder neue Eigentümer. Ein
Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC Equity Partners und der
Gesellschaft BB Kapital SA des Unternehmers Bernd Beetz will das Unternehmen
übernehmen. Das gab Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus am Mittwoch in Essen
offiziell bekannt. Beetz selbst war auch dabei. Bei seinem ersten öffentlichen
Auftritt als Mit-Eigner der Warenhauskette sprach der 73-Jährige über die Pläne
für Galeria und seine Motivation. Ein Überblick:

Was haben die neuen Investoren vor?

"Wir glauben an die Zukunft von Galeria und haben nur einen Fokus: das
Warenhaus", sagte Beetz. Es sei möglich, Galeria auf einen erfolgreichen Kurs zu
bringen. Er wolle einen Ort schaffen, wo Leute gerne hinkommen. Über sein
Verhältnis zu Baker sagte er: "Was uns verbindet, ist die Liebe zum Warenhaus."
Dies sei Teil der deutschen Lebenskultur. Baker und er seien freundschaftlich
verbunden. Baker selbst war am Mittwoch aber nicht vor Ort. Warum, sagte Beetz
nicht.

Das operative Geschäft will er künftig gemeinsam mit dem bisherigen
Galeria-Chef Oliver Van den Bossche führen. Der Belgier soll Geschäftsführer
bleiben. Er selbst "stehe als Chairman beratend zur Seite und versuche, die
großen Linien einzuziehen", so Beetz. Zur Rolle von Baker äußerte er sich nicht.
Offen blieb ebenso, wie die Anteile unter den beiden Gesellschaftern künftig
aufgeteilt sind. Auch bei anderen Themen antwortete Beetz nur vage. Zu einem
möglichen neuen Konzept für das Galeria sagte er nur: "Wir sind einfach besser.
Wir haben gute Rezepte." Man werde das Angebot verbessern und das ganze
Unternehmen einbeziehen. Zu den geplanten Investitionen sagte er: "Wir schieben
einen Batzen Cash in das Unternehmen." Galeria werde darauf sofort Zugriff
haben. Angaben zu der Höhe der geplanten Investitionen und zum Kaufpreis wollte
Beetz nicht machen.

Wie viele Filialen bleiben?

Dem Insolvenzverwalter zufolge haben Baker und Beetz auch deshalb den
Zuschlag erhalten, weil sie bereit seien, das größtmögliche Filialnetz zu
übernehmen. So sollen voraussichtlich mehr als 70 der 92 Standorte fortgeführt
werden. Diese Zahl ist Teil der Investorenvereinbarung, die am Dienstag
notariell beurkundet wurde. Wie viele Standorte übrig bleiben und welche
wegfallen, ist noch offen. Es ist davon abhängig, wie die Gespräche mit den
Vermietern laufen, die Denkhaus in den kommenden Wochen abschließen möchte.

Der Insolvenzverwalter will die Mieten der Häuser reduzieren und strebt je
nach Filiale eine Miete von sieben bis elf Prozent des dortigen Umsatzes an. In
den Filialen, die sich in Immobilien im Besitz der Signa-Gruppe des
österreichischen Unternehmers René Benko befinden, sind die Mieten vielfach
deutlich höher. Galeria ist in allen Filialen Mieter. Denkhaus hatte zuletzt
bereits angekündigt, Filialen zu schließen, wenn es kein Entgegenkommen der
Vermieter geben sollte. Die Entscheidung über die Zukunft der Standorte soll
voraussichtlich Ende April fallen.

Was für Folgen hat die Übernahme für die Beschäftigten von Galeria?

Die Frage lässt sich zurzeit nicht beantworten. Es sei gelungen, "die große
Mehrheit der Arbeitsplätze" zu retten, sagte Denkhaus. Aktuell beschäftigt die
Warenhauskette 12 800 Menschen. Durch eine weitere Reduzierung der Anzahl der
Standorte dürften dennoch Stellen wegfallen. Wie viele das sein werden, steht
bisher nicht fest. Es hängt davon ab, wie viele Filialen übrig bleiben.
Konkreter wurde Denkhaus im Hinblick auf die Konzernzentrale in Essen. Dort
sollen rund 450 Arbeitsplätze abgebaut werden, es trifft damit etwa die Hälfte
der Belegschaft. Der Auszug aus der Zentrale ist Denkhaus zufolge sicher, der
Mietvertrag endet 2025. Wo es hingeht, ist offen.

Der Gesamtbetriebsrat erklärte, den neuen Eigentümern "für eine konstruktive und arbeitsplatzsichernde Zusammenarbeit zur Verfügung" zu stehen. Es sei klar,
dass es erneut zu harten Einschnitten kommen werde. "Aber es werden auch
tausende von Arbeitsplätzen erhalten bleiben".

Wer sind die Investoren?

Die auf Einzelhändler ausgerichtete Beteiligungsgesellschaft NRDC von
Richard Baker wurde 2005 gegründet. Der 58-Jährige verfügt über die Mehrheit an
den Ketten Hudson Bay Company (HBC) und Saks Fifth Avenue, die in den USA und
Kanada zahlreiche Warenhäuser betreiben. HBC übernahm 2015 die deutsche
Warenhaustochter Galeria Kaufhof vom Handelskonzern Metro. Baker war also schon
einmal Eigentümer - bis zur Fusion mit Karstadt und der Komplettübernahme durch
die Signa-Gruppe 2019.

Der deutsche Manager und Unternehmer Bernd Beetz ist Präsident des
Fußball-Drittligisten SV Waldhof Mannheim. Er war während des Zusammenschlusses
von Galeria Kaufhof und Karstadt in den Jahren 2018 und 2019 bereits
Aufsichtsratschef von Kaufhof. Über viele Jahre sammelte der 73-Jährige
Erfahrung im Luxus- und Konsumgütersegment. Bis 2012 leitete er elf Jahre lang
den US-Kosmetikkonzern Coty. Zuvor war er beim französischen Luxusunternehmen
LVMH für die Marke Christian Dior verantwortlich,
davor zwei Jahrzehnte in unterschiedlichen Positionen beim US-Konsumgüterkonzern
Procter & Gamble.

Wie lief Bakers erstes Kaufhof-Engagement?

Es war wenig erfolgreich. Baker, der damals HBC-Chef war, startete mit
großen Versprechen. Im Oktober 2015 kündigte er gegenüber dem "Handelsblatt" an,
den Umsatz des Unternehmens in fünf Jahren um 30 Prozent steigern zu wollen.
Einer Fusion mit Karstadt erteilte er eine klare Absage.

Metro-Chef Olaf Koch sagte Jahre später der "Wirtschaftswoche", dass Kaufhof vor dem Verkauf an HBC hochprofitabel gewesen sei. Unter der Führung von Baker
liefen die Geschäfte nicht rund. Kaufhof hatte mit Umsatzrückgängen zu kämpfen
und schrieb unter dem Strich rote Zahlen. Ende 2018 vollzog Baker dann gemeinsam
mit der Signa-Gruppe die Fusion von Galeria Kaufhof und Karstadt, 2019 übernahm
Benko alle Anteile. Im folgenden Jahr rutschte der neue Warenhausriese, der
europaweit mehr als 240 Standorte mit rund 32 000 Mitarbeitern hatte, in seine
erste von mittlerweile drei Insolvenzen.

Beetz sagte am Mittwoch rückblickend: "In der Vergangenheit wurden Fehler
gemacht. Die sind auch verstanden worden." Damals seien viele Entscheidungen
abseits des operativen Geschäftes getroffen worden. Das solle nun anders werden.

Ist die Übernahme von Galeria schon vollzogen?

Nein. Die am Dienstag unterzeichnete Investorenvereinbarung mit den neuen
Eigentümern tritt nur dann in Kraft, wenn das Amtsgericht Essen und die
Gläubigerversammlung dem von Denkhaus erstellten Insolvenzplan zustimmen. Wenn
sie das nicht tun, kommt der Verkauf nicht zustande. Vor der finalen Zustimmung
durch Gläubiger und Gericht wird keine Galeria-Filiale schließen.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Insolvenzverwalter will bis Ende April einen Insolvenzplan vorlegen.
Dieser muss vom Gericht geprüft werden. Die letzte Entscheidung über eine
Übernahme durch einen neuen Eigentümer trifft die Gläubigerversammlung. Diese
wird am 28. Mai in der Messe Essen zusammenkommen, um über den Insolvenzplan
abzustimmen. Nimmt die Gläubigerversammlung ihn an, muss er vom Insolvenzgericht
erneut bestätigt werden. Anschließend kann das Gericht das Insolvenzverfahren
aufheben./cr/DP/stw

--- Von Christian Rothenberg und Helge Toben, dpa ---
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