02.07.2024 05:45:02 - dpa-AFX: Deutsch-polnische Regierungsgespräche im Zeichen weiterer Aussöhnung

WARSCHAU (dpa-AFX) - Mitten in den laufenden Haushaltsverhandlungen reist
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Begleitung von zehn Ministern und zwei
Staatsministern nach Warschau. Am Dienstag (8.00 Uhr) trifft Scholz in der
polnischen Hauptstadt im Rahmen der deutsch-polnischen Regierungskonsultationen
Ministerpräsident Donald Tusk. Es ist das erste Mal seit 2018, dass dieses
wichtige bilaterale Treffen wieder stattfindet.

In Warschau geht es um die weitere Aussöhnung und Verständigung zwischen
beiden Ländern. Aus Regierungskreisen in Berlin heißt es, die Konsultationen
sollten "einen starken Impuls" für die guten nachbarschaftlichen Beziehungen
geben. Dafür werde ein gemeinsamer Deutsch-Polnischer Aktionsplan mit mehreren
Projekten beschlossen. Voraussichtlich wird die Bundesregierung dabei ein
deutliches Zeichen für einen Neuanfang setzen.

Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" plant Berlin ein Finanzpaket
in dreistelliger Millionenhöhe für Polen. Es soll sowohl Entschädigungszahlungen
für noch lebende polnische Opfer der Besatzung durch Nazi-Deutschland enthalten
als auch deutsche Hilfe für die Verteidigung der Ostflanke der Nato. Zudem soll
Geld fließen für den Bau des Deutsch-polnischen Hauses in Berlin. Das Haus soll
an die komplizierte deutsch-polnische Geschichte und die brutale deutsche
Besatzung während des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) erinnern und einen Ort des
Gedenkens für die polnischen Opfer schaffen.

Polen dringt schon lange auf eine Wiedergutmachung für die durch den Zweiten Weltkrieg und die Besatzung erlittenen Schäden. Die nationalkonservative
PiS-Regierung, die das Land von 2015 bis 2023 führte, forderte von Deutschland
Reparationen in Höhe von mehr als 1,3 Billionen Euro. Dies und die ständige
antideutsche Stimmungsmache führender PiS-Vertreter zerrütteten das bilaterale
Verhältnis in den vergangenen Jahren.

Unter der seit Dezember amtierenden Mitte-Links-Regierung von Donald Tusk
ist das Klima deutlich besser geworden. Doch auch Tusk betonte bei seinem
Antrittsbesuch im Februar in Berlin: "Im formalen Sinne wurden die Reparationen
schon vor vielen Jahren abgeschlossen. Aber die materielle und moralische
Wiedergutmachung wurde nie realisiert." Ein Ausgleich von Rechnungen sei nötig,
man müsse nach Möglichkeiten der Zusammenarbeit suchen, ohne die gegenseitigen
Beziehungen zu belasten./dhe/DP/jha

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