17.06.2024 19:55:52 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP: Polens Grenzer rügen Bundespolizei für Umgang mit Afghanen

WARSCHAU (dpa-AFX) - Polens Grenzschutz hat der Bundespolizei vorgeworfen,
eine Familie von Asylbewerbern aus Afghanistan ohne Rücksprache über die Grenze
gebracht und auf der polnischen Seite abgesetzt zu haben. "Die Verbringung von
Ausländern nach Polen (in das Dorf Osinow Dolny) durch die deutsche Polizei
erfolgte unter Verstoß gegen die Grundsätze der Zusammenarbeit zwischen den
beiden Dienststellen und gegen das Überstellungsgesetz", schrieb der Grenzschutz
am Montag auf der Plattform X. "Die deutschen Behörden dürfen so eine
Entscheidung nicht willkürlich treffen." Polens Regierungschef Donald Tusk
kündigte auf X an, er wolle am Rande des informellen EU-Gipfels mit
Bundeskanzler Olaf Scholz über den "inakzeptablen Vorfall" sprechen.

Zuvor hatten polnische Medien unter Berufung auf Augenzeugen berichtet, am
Freitag sei in dem grenznahen Dorf Osinow Dolny ein deutsches Polizeiauto
aufgetaucht und habe eine Migrantenfamilie dort zurückgelassen.

In einer Stellungnahme der Bundespolizei hieß es dazu, im Rahmen der
vorübergehend wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen hätten die Beamten in den
frühen Morgenstunden des 14. Juni bei Altmädewitz in Brandenburg eine
fünfköpfige afghanische Familie gestoppt, die versucht hatte, unerlaubt
einzureisen. Die Familie habe polnische Asylbescheinigungen für die Erwachsenen
und polnische Heimausweise für die Kinder dabeigehabt; sie habe vor den
deutschen Beamten kein Asylgesuch formuliert. Nach der Rechtslage sollte sie
daher wieder nach Polen zurückgeführt werden.

Nach Angaben der Bundespolizei wurde der polnische Grenzschutz über das
Gemeinsame Zentrum in Swiecko informiert, dass man die Familie übergeben wolle.
"Da eine Reaktion der polnischen Seite auch auf Nachfrage für mehrere Stunden
ausblieb, entschieden sich die Beamten dafür, die Familie mit einer Streife an
die deutsch-polnische Grenze bei Hohenwutzen zu fahren, um sie von dort nach
Polen zu entlassen."

Unterwegs klagten die Kinder der Familie demnach über Unwohlsein, weshalb
die Bundespolizisten in dem Ort Osinow Dolny eine Apotheke ansteuerten, um Erste
Hilfe zu ermöglichen. Da die Mutter der Kinder ihr Handy auf der Dienststelle
der Bundespolizei vergessen hatte, habe man sie mit einem Streifenwagen zurück
nach Brandenburg gebracht und dann wieder nach Polen zu ihrer Familie.

Der Vorfall werde mit den polnischen Kollegen "intensiv nachbereitet", hieß
es in dem Statement der Bundespolizei. Der polnische Grenzschutz teilte mit, am
Dienstag werde sich seine Spitze mit der Führung der Bundespolizei darüber
austauschen./dhe/DP/ngu

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