30.05.2024 11:40:16 - dpa-AFX: ROUNDUP/Deal sorgt für Wirbel: Rheinmetall neuer Sponsor des BVB

DÜSSELDORF/DORTMUND (dpa-AFX) - Kurz vor dem Champions-League-Finale sorgt
ein Sponsoring-Deal von Borussia Dortmund für Aufsehen. Der
Rüstungskonzern Rheinmetall unterstützt den BVB in den kommenden
drei Jahren. Die Partnerschaft beschäftigt Politik, Gesellschaft und Fans. Viele
sehen den Deal kritisch.

Zum finanziellen Volumen wollte sich ein Sprecher von Rheinmetall nicht
äußern, laut "Handelsblatt" geht es um einen einstelligen Millionen-Euro-Betrag
pro Jahr. Die Partnerschaft umfasst den Angaben zufolge die Nutzung
reichweitenstarker Werbeflächen, Vermarktungsrechte sowie Event- und
Hospitality-Angebote im Stadion und auf dem Vereinsgelände. Die Düsseldorfer
Firma wird zum "Champion Partner" des BVB, also zum finanziell besonders
wichtigen Sponsor.

BVB stellt sich auf Kritik ein

BVB-Chef Hans-Joachim Watzke wies darauf hin, dass Sicherheit und
Verteidigung Eckpfeiler der Demokratie seien. "Deshalb halten wir es für die
richtige Entscheidung, uns sehr intensiv damit zu beschäftigen, wie wir diese
Eckpfeiler schützen." Man freue sich auf die Zusammenarbeit und öffne sich "als
Borussia Dortmund ganz bewusst für einen Diskurs". Rheinmetall-Chef Armin
Papperger zeigte sich zufrieden. "Mit dem BVB und Rheinmetall haben sich zwei
Partner gefunden, die mit ihren Ambitionen, ihrer Haltung und ihrer Herkunft gut
zueinanderpassen", sagte der Rüstungsmanager.

Der von Watzke angesprochene Diskurs könnte für die Dortmunder zu einem
ungünstigen Zeitpunkt erfolgen und von sportlichen Themen vor dem
Champions-League-Finale am Samstag gegen Real Madrid ablenken. "Es gibt jetzt
nur noch ein einziges Thema, und das ist dieses Finale", hatte BVB-Sportdirektor
Sebastian Kehl noch am Dienstag gesagt: "Ich würde mir wünschen, dass wir uns
auf dieses Spiel konzentrieren."

Die Fan- und Förderabteilung der Borussia sieht den Deal kritisch. Bereits
vor der Veröffentlichung der Zusammenarbeit hätten Fanvertreter und
Fanvertreterinnen in einem offenen Austausch mit der Geschäftsführung des
Revierclubs "die Brisanz im Allgemeinen, die Bedenken an einer Partnerschaft und
deren Kommunikation sowie Zweifel an einer Vereinbarkeit mit den Werten von
Borussia Dortmund zum Ausdruck gebracht", heißt es in einer Mitteilung.

Wirtschaftsminister Habeck: Spiegelt Realität der Zeitenwende wider

Es ist nicht das erste Mal, dass sich ein Rüstungskonzern bei einem
Fußballclub engagiert. Die Renk GmbH, die unter anderem
Panzergetriebe herstellt, ist seit September 2023 Supplier beim FC Augsburg.

Der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie
(BDSV) begrüßte die Partnerschaft zwischen Rheinmetall und dem BVB. "Das
Sponsoring ist ein Weg, um einer breiten Schicht der Bevölkerung das Gefühl zu
vermitteln, dass Waffen für die Erhaltung unserer Sicherheit und unseres
Friedens nichts 'Unappetitliches' sind, sondern eben ganz normal zu unserer
gesellschaftlichen Realität gehören, wenn wir in Frieden und Freiheit leben
wollen", sagte BDSV-Hauptgeschäftsführer Hans Christoph Atzpodien.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck äußerte sich ebenfalls zu dem Deal.
"Dass Rheinmetall jetzt einen Fußballverein sponsert, ist in der Tat erst einmal
ungewöhnlich, aber es zeigt, wo wir stehen", sagte der Grünen-Politiker in
Berlin. Man sei in ständigem Kontakt mit Rheinmetall, damit das Unternehmen noch
mehr Munition zur Unterstützung der Ukraine produziere, sagte der auch für
Rüstungsexporte zuständige Minister.

"Wir wissen und müssen es leider zugeben, dass wir in einer anderen,
bedrohlicheren Welt sind." Deswegen sei "die ja eingeübte und auch so
verständliche Zurückhaltung" im öffentlichen Umgang mit der Rüstungsbranche
nicht mehr haltbar und richtig, sagte Habeck. "Insofern spiegelt dieses
Sponsorship sicherlich auch ein Stück weit die Realität der Zeitenwende wider."
Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine rief die Bundesregierung eine
"Zeitenwende" aus und stellte 100 Milliarden Euro bereit, um die Bundeswehr auf
Vordermann zu bringen. Von diesem Paket profitiert auch Rheinmetall.

Das für Sport zuständige Bundes-Innenministerium wollte den
Rheinmetall-BVB-Deal nicht kommentieren. Man äußere sich grundsätzlich nicht zu
Sponsoringvereinbarungen von Sportclubs, sagte ein Ministeriumssprecher.

In Nordrhein-Westfalen übte Landessprecher Sascha Wagner von den Linken
heftige Kritik. Die Verbindung sei "ein böses Foulspiel", sagte Wagner: "Der
Rüstungskonzern lebt von dem Geschäft mit dem Tod." Nordrhein-Westfalens
Wirtschaftsministerin Mona Neubaur von den Grünen erklärte dagegen auf Anfrage
der Deutschen Presse-Agentur, "dass sich die öffentliche Wahrnehmung des
Konzerns in den vergangenen rund zwei Jahren verändert hat - auch bei mir
persönlich." Man brauche "Unternehmen wie Rheinmetall, um im Ernstfall unsere
Demokratie und unsere Freiheit verteidigen zu können. Und trotzdem ist die
Rüstungsindustrie keine Branche wie jede andere. Ich kann deshalb
nachvollziehen, dass viele Fans das Sponsoring mit gemischten Gefühlen
betrachten."

Kritik von Fans und Pazifisten

Auch bei Fußballfans außerhalb der BVB-Fanabteilung und in anderen Teilen
der Gesellschaft fiel die Reaktion negativ aus. Die Deutsche
Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen startete eine
Online-Petition, in der sie den BVB zum Rückzieher auffordert und eine "Rote
Karte für den Werbedeal" zückt. "Ein Waffenhersteller als Sponsor passt nicht zu
den Werten, die der BVB - und Fußball insgesamt - vertritt", hieß es von den
Pazifisten. Auf "X" (früher Twitter) machten zahlreiche Nutzer ihrem Unmut Luft.
Die Satire-Partei Die Partei veröffentlichte ebenfalls eine Fotomontage, bei der
ein Panzer auf einem Fußballplatz steht, Überschrift: "BVB - wir schießen nicht
nur Tore". Auch die Evangelische Kirche kritisierte den Deal.

Rheinmetall bereits als Sport-Sponsor aktiv

Das Sponsoring eines Sportclubs ist kein Neuland für den Rüstungskonzern,
der auch als Kfz-Zulieferer tätig ist - Rheinmetall ist bereits Sponsor des
Handball-Clubs Bergischer HC aus Solingen unweit von Düsseldorf. Mit dem
Fußballverein und Champions-League-Finalisten BVB kommt das Sportsponsoring von
Rheinmetall aber auf ein anderes Level.

Deutschlands größter Rüstungskonzern ist mit seinen rund 30 000
Beschäftigten auf Wachstumskurs, nach dem russischen Angriff auf die Ukraine
schnellte die Nachfrage nach Munition, Panzern und Flugabwehr-Geschützen in die
Höhe. Seit Anfang 2022 stieg der Auftragsbestand um rund 10 Milliarden Euro auf
24 Milliarden Euro an, der Umsatz soll in diesem Jahr 10 Milliarden Euro
erreichen. Damit wäre er fast doppelt so hoch wie im Jahr 2021, also vor dem
Ukraine-Krieg (5,7 Milliarden Euro). Der Aktienkurs hat sich seit Februar 2022
mehr als verfünffacht. Bei der Verteidigung der Ukraine ist Rheinmetall wichtig,
die Firma liefert im großen Stil Militärgüter und wird dafür von der
Bundesregierung bezahlt./wdw/DP/jha
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
BORUSSIA DORTMUND 549309 Xetra 3,465 21.06.24 17:35:13 +0,015 +0,43% 0,000 0,000 3,450 3,465
RHEINMETALL AG 703000 Xetra 491,000 21.06.24 17:38:04 -5,300 -1,07% 0,000 0,000 505,200 491,000
RENK GROUP AG INH O.N. RENK73 Xetra 27,400 21.06.24 17:35:27 +0,525 +1,95% 0,000 0,000 27,010 27,400

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