24.05.2024 14:31:28 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP: Nach Räumung an Humboldt-Uni - Respekt und Lob für Präsidentin

BERLIN (dpa-AFX) - Für ihre Strategie des Dialogs mit propalästinensischen
Besetzern hat die Präsidentin der Berliner Humboldt-Universität (HU)
Unterstützung vom Senat und von der Technischen Universität erhalten. "Mein
großer Respekt gilt Julia von Blumenthal, die in dieser schwierigen Situation
äußerst besonnen reagiert und klare Grenzen gezeigt hat, aber auch
Dialogbereitschaft", erklärte die Präsidentin der TU, Geraldine Rauch, am
Freitag. Auch Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) sagte, die HU-Leitung
habe richtig gehandelt: "deeskalierend, wo es sinnvoll erschien,
dialogorientiert mit Augenmaß und in der Folge konsequent". Die Senatsverwaltung
für Wissenschaft habe den Dialog unterstützt, hieß es, zugleich sei die
Beendigung der Besetzung am Donnerstagabend richtig gewesen.

Propalästinensische Aktivisten hatten am Mittwoch HU-Räume aus Protest gegen Israel und zur Unterstützung der Palästinenser besetzt. Die Universitätsleitung
duldete das zunächst und setzte auf einen Dialog mit Besetzern und
Wissenschaftlern. Am Donnerstagabend räumte die Polizei das besetzte Gebäude.

Nach ersten Angaben leitete die Polizei 25 Strafermittlungsverfahren ein.
169 Menschen seien am Donnerstagabend kurzzeitig festgenommen worden, um deren
Identität festzustellen, sagte eine Polizeisprecherin am Freitag. Sechs weitere
sogenannte freiheitsbeschränkende Maßnahmen habe es bei einer anschließenden
Kundgebung gegeben sowie sechs weitere Anzeigen.

TU-Präsidentin kritisiert "mangelndes Vertrauen in Hochschulleitungen"

Die Entscheidung zur Räumung des Gebäudes der Berliner Humboldt-Universität
wurde laut Senatorin Czyborra zusammen von Senat und Universität getroffen
worden. "Wir haben uns gemeinsam darauf verständigt, dass die
Universitätsleitung die Besetzung beendet und die Demonstranten aufgefordert
werden, das besetzte Institut zu verlassen", teilte sie mit Blick auf ein
Gespräch zwischen dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU), der für die
Polizei zuständigen Innensenatorin Iris Spranger (SPD), von Blumenthal und ihr
selbst mit. Von Blumenthal hatte dagegen erklärt, die Anweisung zur Räumung sei
"von ganz oben" gekommen.

TU-Präsidentin Rauch nannte das Vorgehen von Wegner und Czyborra "äußerst
befremdlich". "Frau von Blumenthal hätte auch ohne Anweisung von oben räumen
lassen, wenn der Dialog endgültig gescheitert wäre. Nicht nur zeigt dies
mangelndes Vertrauen in die Hochschulleitungen, es untergräbt auch die
Hochschulautonomie an sich."

"Mit Duldung an Grenze gegangen"

Von Blumenthal verteidigte ihr Vorgehen am Freitag im RBB-Inforadio. "Wir
sind mit unserer Duldung an eine Grenze gegangen, weil wir davon überzeugt sind,
dass es notwendig ist, diese Grenzen auszuloten, ob wir mit den Studierenden
noch in einen Dialog kommen können." Mit einer von zwei beteiligten
Studentengruppen sei es möglich gewesen, in Dialog zu treten und Vereinbarungen
zu treffen, etwa keine weiteren Graffiti-Schmierereien vorzunehmen.

Die Räumung begann aus ihrer Sicht etwas zu früh. "Wir waren (...) in der
Situation dort in einem Dialog, und aus unserer Sicht hätten wir noch etwas Zeit
gebraucht, um zu sehen, ob wir selbst diesen Dialog zu einem Ergebnis führen
können oder nicht", sagte von Blumenthal dazu. "Wir wollten eben diesen Versuch
selbst an ein Ende führen. Und so mussten wir den Dialogversuch abbrechen."

"Die Frage der Räumung war für uns immer eine Option", erläuterte die
Universitäts-Präsidentin in dem RBB-Interview. Es sei klar gewesen, dass die Uni
den Besetzern eine Frist gesetzt habe. "Wir hätten sie nach dieser Frist
aufgefordert zu gehen, und wenn sie nicht freiwillig gegangen wären, hätten auch
wir geräumt", so von Blumenthal. "Selbstverständlich. Wir hätten diese Besetzung
nicht länger als über diesen Abend hinaus geduldet."/aky/DP/ngu

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