15.05.2024 08:24:41 - dpa-AFX: ROUNDUP: Grüne kritisieren Debatte um Rente mit 63

BERLIN (dpa-AFX) - Die Grünen im Bundestag haben sich strikt gegen eine
Abschaffung der sogenannten Rente mit 63 gewandt. Die abschlagsfreie Rente nach
45-jähriger Beitragszahlung abzuschaffen, wäre ein Fehler, sagte der
Rentenexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, Markus Kurth, der Deutschen
Presse-Agentur in Berlin. "Eine solche Reform würde keineswegs kurzfristig den
Haushalt 2025 sanieren, aber stattdessen zu einem massiven Vertrauensverlust
führen", warnte Kurth.

In einem Faktenpapier argumentiert Kurth, nur eine sehr kurzfristige
Abschaffung könnte für 2025 noch haushaltswirksam werden. "So schnell könnten
die wenigsten Betroffenen noch mit einer Verhaltensänderung reagieren."
Stattdessen dürften viele mit Abschlägen vorzeitig in Rente gehen. Die
Einsparungen für die gesetzliche Rentenversicherung wären dadurch recht klein.

Auch ein weniger abruptes Aus für die Rentenart würde Planungen von
Arbeitgebern und Beschäftigten aus Sicht Kurths wohl vielfach zuwiderlaufen.
"Denn wer fest damit geplant hat, nach 45 Versicherungsjahren abschlagsfrei in
Altersrente gehen zu können, hat sich womöglich die Arbeitskraft so eingeteilt,
dass sie eben nur bis dahin reicht", sagte der Abgeordnete. "Wenn das Ziel sein
soll, möglichst viele Arbeitskräfte so lange wie möglich am Arbeitsmarkt zu
halten, müssen wir in Präventions- und Reha-Maßnahmen investieren und flexible
Übergänge in die Altersrente ermöglichen."

Kurth wies zudem darauf hin, dass es bereits attraktive monetäre Anreize für ältere Erwerbstätige gebe: Für jedes Jahr, das man den Renteneintritt
hinauszögere, gebe es einen Zuschlag in Höhe von sechs Prozent auf den gesamten
Rentenbetrag. Hinzuverdienstgrenzen seien gestrichen worden. "Jeder eingezahlte
Euro steigert die eigene Rente."

Die FDP hatte eine Abschaffung der sogenannten Rente mit 63 gefordert.
FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner sagte der Funke Mediengruppe, zur
Rente mit 63 gebe es viele Ansätze. "Experten haben beispielsweise
vorgeschlagen, gesundheitliche Probleme zur Voraussetzung zu machen. Jedenfalls
müssen 22 Prozent Beiträge in den 2030er Jahren abgewendet werden." Aktuell
wolle er sich aber auf anstehende Entscheidungen konzentrieren, sagte Lindner
mit Verweis auf das Rentenpaket, das im Laufe des Mais beschlossen werden solle.
Die SPD will von einer Abschaffung der Rente mit 63 nichts wissen.

Einsparungen von drei Milliarden?

Insgesamt sei die Frage, wie teuer die Rentenart ist, schwer zu beantworten, sagte Kurth. Nicht klar sei, wie viele Menschen auch mit Abschlägen frühzeitig
in Rente gehen und wie viele den Rentenbeginn aufschieben würden. Eine Studie
von Prognos für die arbeitgebernahe Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft e.V.
schätze die jährlichen Einsparpotenziale für den Steuerzuschuss für die
Rentenkasse bei sofortiger Abschaffung zwar bei 1,7 bis 3 Milliarden Euro ?
allerdings auf Basis nicht überprüfbarer Annahmen zum Verhalten der Betroffenen.

Zuletzt gab es deutlich mehr als zwei Millionen Nutzerinnen und Nutzer
dieser Rentenart. Bei der Einführung 2014 war der Gesetzgeber von jährlich rund
200 000 Antragstellern ausgegangen. Doch Jahr für Jahr werden die Prognosen
übertroffen. Wie für die reguläre Altersrente wird auch für diese Rentenart das
Eintrittsalter schrittweise erhöht. Es liegt in diesem Jahr bei 64 Jahren und 4
Monate und soll noch bis 65 Jahre steigen./bw/DP/zb

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