16.06.2024 14:10:03 - dpa-AFX: Wirtschaftsminister: Meyer Werft soll Sitz nach Deutschland verlegen

HANNOVER/OSNABRÜCK/PAPENBURG (dpa-AFX) - Die angeschlagene Meyer Werft muss
sich für finanzielle Hilfe vom Land Niedersachsen nach Meinung des
Wirtschaftsministeriums strukturell neu aufstellen. Das Unternehmen müsse unter
anderem seinen Firmensitz zurück nach Deutschland verlegen. "Das erwarten wir
eigentlich", sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) in einer
Gesprächsrunde der "Neuen Osnabrücker Zeitung", wie die Zeitung am Sonntag
berichtete. Die Werft aus dem emsländischen Papenburg hat ihren Sitz derzeit in
Luxemburg. Zudem forderte der Minister die Einrichtung eines Aufsichtsrates
sowie mehr Mitbestimmung für die Angestellten.

Trotz voller Auftragsbücher muss die Werft bis Ende 2027 eine Finanzlücke
von 2,7 Milliarden Euro füllen. Die Landesregierung signalisierte bereits
Unterstützung. Das Unternehmen hatte zuletzt die Streichung von 440 der rund
3000 Stellen ins Gespräch gebracht, was auf den Widerstand von Betriebsrat, IG
Metall und der Landesregierung stößt. Die aktuelle Schieflage sei "die schwerste
Krise in der Geschichte der Meyer Werft überhaupt", betonte der Gewerkschafter
und ehemalige Betriebsratsvorsitzende der Meyer Werft, Thomas Gelder, in der
Gesprächsrunde.

Die Werft leidet unter Nachwirkungen der Corona-Pandemie und
Preissteigerungen wegen des Ukraine-Krieges. Die Verträge für die
Kreuzfahrtschiffe waren zum Teil vor der Corona-Pandemie abgeschlossen worden
und sehen keine Anpassung an die inzwischen drastisch gestiegenen Energie- und
Rohstoffpreise vor. Zugleich sind laut Lies die Banken vorsichtiger bei der
Finanzierung von Schiffskrediten geworden. Die Werft bekommt rund 80 Prozent des
Kaufpreises erst bei der Ablieferung und muss den Bau mit Krediten
zwischenfinanzieren.

Das Unternehmen steht laut Lies für 80 Prozent der deutschen zivilen
Werftkapazitäten. Neben Kreuzfahrt-Riesen werden dort auch Forschungsschiffe und
Spezialschiffe gebaut. Mit den Standorten in Papenburg, Rostock sowie dem
finnischen Turku stelle die Meyer Werft die Hälfte aller
Kreuzfahrt-Bau-Kapazitäten weltweit./xma/DP/men

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