18.06.2024 20:52:17 - dpa-AFX: Italienischer Senat billigt Verfassungsreform von Meloni-Regierung

ROM (dpa-AFX) - Der italienische Senat hat die umstrittene Verfassungsreform
der Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gebilligt. 109 Abgeordnete
stimmten am Dienstag in der kleineren der beiden Parlamentskammern in Rom für
die Reform, 77 dagegen. Die Reform hat damit eine erste Hürde genommen. Dabei
geht es im Kern darum, dass der Ministerpräsident in Italien direkt gewählt
wird. Unter den Regierungsparteien brach nach dem Votum Jubel aus, die
Opposition hingegen protestierte und hielt symbolisch die Verfassung in die
Höhe.

Die Verfassungsreform sieht vor, dass der Ministerpräsident in Zukunft nicht mehr vom Staatspräsidenten mit der Bildung einer Regierung beauftragt wird,
sondern direkt vom Volk für fünf Jahre gewählt wird. Außerdem soll ein
Mehrheitsbonus von 55 Prozent für die meistgewählte Partei eingeführt werden.
Mit diesem Bonus soll dem Wahlgewinner automatisch - auch wenn dieser nicht die
absolute Mehrheit der Stimmen erhält - eine komfortable Mehrheit sowohl in
Abgeordnetenkammer als auch Senat garantiert werden.

Der vom Senat gebilligte Gesetzentwurf zur Verfassungsänderung wird nun zur
Abstimmung an die Abgeordnetenkammer gegeben. Der Gesetzentwurf erhielt am
Dienstag mit 109 Stimmen nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit, um ein
Referendum zu vermeiden. Es wird auch nicht erwartet, dass er in der
Abgeordnetenkammer eine solche erhält. Es handelte sich also nur um einen ersten
Schritt bis zur endgültigen Verabschiedung.

Denn für jede Verfassungsänderung ist in Italien eine Zweidrittelmehrheit in den beiden Kammern des Parlaments nötig. Sollte diese nicht zustande kommen,
muss darüber in einem Referendum abgestimmt werden. Zuletzt scheiterte der
damalige Regierungschef Matteo Renzi 2016 an einem Verfassungsreferendum und
musste daraufhin zurücktreten.

Die Rechtsregierung in Rom will mit der Reform gegen die chronische
Instabilität italienischer Regierungen ankämpfen. Seit Ende des Zweiten
Weltkriegs hatte Italien insgesamt fast 70 Regierungen. Einig sind sich viele,
dass deshalb das politische System reformiert werden muss. Allerdings wird die
Reform der Meloni-Regierung von der Opposition scharf kritisiert.

Sie befürchtet, dass Melonis Reform dem Parlament und dem Staatspräsidenten
wichtige Kompetenzen entziehen könnte. Die Rolle des Staatspräsidenten mit
seiner ausgleichenden Schlüsselfunktion würde verringert. Oppositionsführerin
Elly Schlein sagte, die Reform würde das Machtgefüge in Italien auf den Kopf
stellen. Auf eine einzige Person würde sich so die Macht konzentrieren. Die
Opposition kündigte an, gegen das Vorhaben vorgehen zu wollen./rme/DP/ngu

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