ALTÖTTING/BURGHAUSEN (dpa-AFX) - Die Versorgung des bayerischen
Chemiedreiecks mit Strom treibt die Politik und Industrie in der Region weiter
um. Nicht nur Windenergie, sondern künftig auch mit Wasserstoff betreibbare
Gaskraftwerke sowie der Ausbau von Stromleitungen sollen die Versorgung
sicherstellen, wie Vertreter der Industrie, der Versorgungsunternehmen und der
Politik sowie Energieexperten bei einem Energiegipfel in Burghausen nach Angaben
der Stadt erläuterten.
"Es geht jetzt gerade um die Zukunft der hiesigen Industrie. Schaffen wir es
nicht, im Chemiedreieck den benötigten Strom zur Verfügung zu stellen, um
klimaneutral zu produzieren, verlieren wir im schlimmsten Fall mittelfristig die
Unternehmen", sagte Burghausens Bürgermeister Florian Schneider, der zu dem
Gipfel am Dienstagabend eingeladen hatte. Es gehe darum, Arbeitsplätze und damit
Wohlstand zu sichern.
Vor allem nach dem Nein der Mehringer zum größten Windpark des Freistaats im
Altöttinger Forst sorgt das Thema für Diskussionen. Die Bürgerinitiative
Gegenwind Altötting will weitere Bürgerentscheide vorantreiben, um das
Wind-Vorhaben zu stoppen, sie kritisiert unter anderem eine Zerstörung des
Waldes. Die Politik möchte den Windpark dennoch umsetzen.
Der Übertragungsnetzbetreiber Tennet und das Bayernwerk als
Verteilnetzbetreiber wollen zudem das Chemiedreieck besser an das Stromnetz
anschließen. Auf dem Weg zur Klimaneutralität benötigten die Firmen künftig
deutlich mehr elektrische Energie, hieß es kürzlich. Tennet plant eine neue
380-Kilovolt-Höchstspannungs-Freileitung zwischen Burghausen und Simbach am Inn,
je ein neues Umspannwerk in Burghausen und Simbach sowie eine neue Schaltanlage
bei der Gemeinde Zeilarn. Die Bayernwerk Netz will das
110-Kilovolt-Hochspannungsnetz in der Region erneuern und erweitern und zwei
Umspannwerke neu bauen. Die Netzausbaupläne basieren den Angaben zufolge auf
Strombedarfsprognosen der Wacker Chemie AG, der OMV
Deutschland
GmbH und des Chemieparks Gendorf.
Die Unternehmen erwarten, dass ihr Bedarf bis 2050 beim 2,5-fachen des
heutigen Strombezugs liegen wird. Laut der Initiative ChemDelta Bavaria - ein
Zusammenschluss von im Chemiedreieck ansässigen Firmen - werden schon jetzt mehr
als fünf Terawattstunden Strom pro Jahr verbraucht. Das sei rund ein Prozent des
gesamtdeutschen Strombedarfs.
Der Ausbau des Wechselstromnetzes wie der großen Gleichstrom-Trassen
Südostlink oder Südlink dient insgesamt der Versorgung Bayerns mit Strom aus dem
Norden. In dem neuen Verteilnetz soll laut Bayernwerk auch mehr lokal erzeugter
Ökostrom aufgenommen und verteilt können. Auch Wasserkraft spielt hier weiter
eine Rolle, vor allem aus den nahen Inn-Kraftwerken. Schon vor über 100 Jahren
hatten sich Unternehmen - damals Wacker - in der Region angesiedelt, da
Wasserkraft die nötige Energie lieferte./sd/DP/ngu